Weh dem, der lügt! Zensur im Theater
Direktor Schreyvogel galt als der Schöpfer des ,klassischen‘ Burgtheaters. Er bemühte sich um eine unverfälschte Aufführung der klassischen Dramen, die er gegen die Zensur und oftmals auch gegen das Publikumsinteresse durchzusetzen suchte.
Burgtheaterdirektor Joseph Schreyvogel (von 1814–1832 in dieser Funktion) ,entdeckte‘ Franz Grillparzer und förderte ihn großzügig. Viele seiner Stücke wurden am Burgtheater uraufgeführt. Mit Werken wie „König Ottokars Glück und Ende“, einem Loblied auf Österreich, das allerdings erst 1825 auf Intervention Franz II./I. von der Zensur zur Aufführung freigegeben wurde, avancierte er zum ,Hausdichter‘. 1838 stand die Komödie „Weh dem, der lügt“ im Burgtheater auf dem Spielplan. Das Stück wurde neugierig erwartet, das Theater war bei der Uraufführung bis auf den letzten Platz besetzt. Die anfängliche Begeisterung legte sich aber rasch: Das Lustspiel behandelte nicht nur Themen wie Lüge und Wahrheit, sondern auch das Auflehnen gesellschaftlich Benachteiligter, etwa eines Küchenjungen, gegen die althergebrachte Ordnung und adelige Privilegien. Nach der Aufführung kam es auf Betreiben des Adels und dynastischer Kreise zum Skandal. Grillparzer zog sich daraufhin von der Bühne zurück und schrieb fortan als Direktor des Hofkammerarchivs nur noch für den privaten Gebrauch.
Offene Kritik am Metternich’schen System wagte Anastasius Grün (eigentlich Anton Alexander Maria Graf Auersperg): Unter Pseudonymen veröffentlichte er politische Lyrik, die jedoch nur aus dem Ausland eingeschmuggelt in Wien Verbreitung fand.
Die Theater stellten außer den Kirchen die einzigen Orte dar, an denen sich große Menschenmassen versammeln konnten. Daher waren sie in den Augen der Polizei gefährlich und mussten überwacht werden – durch die allgemeine Theaterzensur und durch Theaterkommissäre. Heiterkeit und Zerstreuung waren zwar erwünscht, doch sollten gleichzeitig solche Ideale transportiert werden, die der Erhaltung der staatlichen Ordnung sowie er Monarchie dienten.
Auch in den Vorstädten boomte trotz der Überwachung die Theaterkultur: Ferdinand Raimund (1790–1836) und Johann Nepomuk Nestroy (1801–1862), die in ihren eigenen Stücken als Schauspieler auftraten, versteckten ihre Sozialkritik in satirischen Bühnenstücken, die bis heute auf österreichischen Theaterbühnen zur Aufführung kommen. Nestroy zensurierte seine Stücke vielfach selbst, indem er Textpassagen oder einzelne Wörter strich oder durch weniger angreifbare ersetzte – ein Hinweis für die Bereitschaft zu Konzessionen an die Theaterzensur.