Türken in Wien! Die "Entführung aus dem Serail" am Wiener Burgtheater
Oh, wie will ich triumphieren! Mozarts Oper mit orientalischen Motiven trifft den Geschmack der Zeit und wird ein Publikumshit.
Was knapp 100 Jahre zuvor die Stadt in Angst und Schrecken versetzt hatte, verzückte jetzt das Wiener Publikum: Die Geschichte einer jungen Dame und ihrer Dienerin, die in die Gefangenschaft eines Türken geraten, gedieh zum Kassenschlager. Handlung und Setting der Oper, die am 16. Juli 1782 im Burgtheater uraufgeführt wurde, entsprachen ganz der damaligen Türkenmode, die anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums der Zweiten Türkenbelagerung von Wien und des Siegs über die Türken allseits en vogue war. Auch musikalisch gab es Anklänge an türkische Militärmusik, an ein Janitscharenorchester mit Piccoloflöten, Triangel, Tschinellen und großer Trommel.
Mozart brach mit bisher herrschenden strengen Formen und komponierte eine Fülle ungewohnter und neuartiger Motive. Auch eine Frauenrolle bot neue Blickweisen: Die Dienerin Blondchen sagt rebellische Sätze wie "Mädchen sind keine Ware zum Verschenken". Sie trotze jedem, der sie zu etwas zwingen wolle, vielmehr seien die Männer "unsere Sklaven". Die Darstellung der Türken entspricht den Ideen der Aufklärung und des Humanismus, denen zufolge es in allen Völkern Gut und Böse gibt: Während Osmin den komisch-finsteren Aufseher gibt, ist der Pascha Bassa Selim nicht, wie zu erwarten, ein Bösewicht – die Oper endet mit einem Lobgesang auf seine Menschlichkeit.
Kaiser Joseph II., der musikalisch einen eher altmodischen Geschmack hatte, meinte zu Mozart über die Oper: "Zu schön für unsere Ohren und gewaltig viel Noten, lieber Mozart." Worauf dieser entgegnete: "Gerade so viel Noten, Euer Majestät, als nötig sind." Dem Kaiser gefielen solche Antworten. Trotz großen Lobes von vielen Seiten bekam Mozart allerdings keine Anstellung bei Hof. Verdrossen meinte er: "Keinem Monarchen in der Welt diene ich lieber als dem Kaiser, aber erbetteln will ich keinen Dienst."
Die "Entführung aus dem Serail" wurde Mozarts erfolgreichste Oper und war so beliebt, dass sie ständig wiederholt wurde. Nach Wien wurde sie auch in Prag und vielen deutschen Städten gespielt. Mozart selbst bekam lediglich 100 Dukaten (450 Gulden, das Jahresgehalt eines Lehrers betrug 22 Gulden) für die Komposition. Für alle späteren Aufführungen erhielt er überhaupt keine Honorare, da es damals noch keinen urheberrechtlichen Schutz gab. Er empfand das als großes Unrecht. Ein Spitzensänger erhielt im Vergleich dazu für eine einzige Aufführung zehnmal so viel.