Die Zünfte treiben Steuern ein – Handwerksreformen im 18. Jahrhundert
Maria Theresia lag nicht nur daran, die 'großen' Manufakturen zu fördern. Auch die 'kleinen' Handwerker und Zünfte standen auf der Liste ihres 'Wirtschaftsförderungsprogramms'.
In den meisten Zunftordnungen war noch im frühen 18. Jahrhundert festgelegt, wie viele Meister in einem Gebiet arbeiten durften, wie viele Gesellen und Lehrlinge ein Meister aufnehmen konnte und wie viele Werkstühle in einer Werkstatt stehen durften. Diese Beschränkungen wurden staatlicherseits zunehmend als wachstumshinderlich empfunden und sollten beseitigt werden. Zur Vereinheitlichung des Zunftwesens wurden einzelne Zünfte zusammengefasst. Unter Maria Theresia sollten gesamtstaatliche Handwerksgesetze an die Stelle der einzelnen Ordnungen treten. Zu diesem Zweck wurde 1753/54 eine Handwerksreform erlassen, die zwischen "Kommerzial-", "Polizey" und freien Gewerben unterschied. Die "Kommerzialgewerbe" – im Großen und Ganzen Textilhandwerk und Exportgewerbe – waren fortan von Produktionsbeschränkungen befreit und der staatlichen Kontrolle unterstellt. Zu den "Polizeygewerben" zählten jene Handwerke, die für einen lokalen Markt produzierten. Für sie blieben die zünftigen Beschränkungen größtenteils bestehen – mit dem Unterschied, dass nun nicht mehr nur durch die Zünfte, sondern die lokalen Behörden kontrolliert wurde.
Im Zuge der Handwerksreformen fielen den Zünften neue Aufgaben zu: Sie mussten zum Beispiel seit der Steuerreform 1748/49 das steuerpflichtige Einkommen ihrer Mitglieder feststellen, die Steuern einheben und den zuständigen Behörden übergeben. Zudem lag seit 1751 die Qualitätskontrolle für Exportgüter in ihrem Verantwortungsbereich. Von den Zünften bestellte "Schaumeister" sollten alle zwei bis vier Wochen die Werkstätten und Produkte ihrer Mitglieder überprüfen und Mängel der Regierung melden.
Joseph II. bestätigte überhaupt keine Zunftordnungen mehr und wollte das Gewerberecht von Grund auf neu regeln. Seine Nachfolger, Leopold II. und Franz II./I., kamen wie bei so manchen Neuerungen ihres Vorgängers wieder davon ab.