Die Möbel des Kaisers – das Hofmobiliendepot
Der Begriff "kaiserliches Mobiliar" evoziert die Vorstellung von erlesenen Materialien, eleganter Pracht und verschwenderischer Fülle. Damit diese Erwartungshaltung jedoch erfüllt werden konnte, wenn der Kaiser tatsächlich auf seinem kostbaren Thron Platz nahm, brauchte es eine gut funktionierende Maschinerie im Hintergrund.
Aus der Instruktion für den k. k. Hofmobilieninspektor aus dem Jahre 1808. Zitiert nach: Hanzl.Wachter, Lieselotte: Eleganz und Geschmack. Sparsamkeit und Tradition. Möbelkunst am Hof Franz’ II. (I.); in: Vernissage 34 (1998) 28–35, hier 28Bey Anschaffung neuer Meubeln, welche zum Gebrauch Ihrer Majestäten und der älteren höchsten Herrschaften bestimet sind, ist nicht nur auf gutes Materiale und dauerhafte Arbeit, sondern auch auf Eleganz und Geschmack (...) zu sehen, (während) bey Geräthschaften (...) für die jüngern durchlauchtigsten Kindern I. M. (Ihrer Majestäten) (...) ohne Rücksicht auf Eleganz, blos auf erstere zwey Eigenschaften (zu achten sei).
Inventarverzeichnis eines Hofoffizierszimmers in der Innsbrucker Hofburg aus dem Jahre 1856. Zitiert nach: Hanzl-Wachter, Lieselotte: Hofburg zu Innsbruck. Architektur, Möbel, Raumkunst. Repräsentatives Wohnen in den Kaiserappartements von Maria Theresia bis Kaiser Franz Joseph (=Museen des Hofmobiliensdepots 17), Wien u. a. 2004, 31Ein Ruhebett bestehend aus einem hölzernem Kasten, 1 Strohsack, 1 Matratze v. Leder mit 16 Pfund Kühhaar und 12 Pfund Roßhaar, einem Kopfpolster mit 3 Pfund Rosshaar, dann einem Uiberzug von ungebleichtem Segeltuch. Zwei Tische von Nussholz polit(iert) mit Lade. Ein Tisch von w. H. (weichem Holz) nußbraun lackirt mit Lade. Sieben Sessel von h. (hartem) Holz, der Sitz mit Leder bezogen. Ein Servant (Anrichte) von w. H. eichenholzart lackirt. Ein Kleiderrechen mit 6 eisernen Nägeln. Ein Spiegel in politirtem Rahmen. Ein Spuckkästchen von Nussholz polit. Zwei Leuchter von Messing. Eine Lichtscheer. Ein Dintenzeug von Porzellain mit einer lackirten Blechtasse. Ein steinerner Krug. Eine Meßflasche. Zwei Trinkgläser. Ein Lavoir mit einer Kanne von Zinkblech lackirt. Ein Nachttopf von Porzellain. Ein Schlüßel zum Offizierszimmer. Ein do (detto) zum Aborte. Eine eiserne Ofenschaufel. Ein eiserner Schürhacken. Ein eiserner Ofen. Zwei Fenstervorhänge von grünem Perkail (Stoffart).
Bis ins 19. Jahrhundert gab es in den kaiserlichen Schlössern nur wenig ständiges Inventar. Wenn der Hof seinen Aufenthaltsort wechselte, mussten zuerst Quartiermacher vorausgeschickt werden, um die Räumlichkeiten zu adaptieren. Tapezierer dekorierten die Appartements mit Tapisserien, Teppichen und Wandbespannungen, die als die kostspieligsten Ausstattungselemente galten, um den weiten Raumfluchten imperialen Glanz zu verleihen. Die Hoffouriere übernahmen den Transport der Möbel von einem Ort zum anderen: Möbel waren damals eben noch im ursprünglichen Wortsinn „mobil“.
Das kaiserliche Mobiliar war daher durch die ständigen Ortswechsel stark beansprucht, manches ging überhaupt verloren. Erste Schritte zu einer zentralisierten Verwaltung der Möbelbestände setzte Maria Theresia mit der Gründung der Hofmobilieninspektion im Jahre 1747, um einen Überblick über die auf verschiedene Standorte verteilten Möbel zu gewinnen. Die Aufgabe dieses Hofdienstes war es, die sparsame und schonende Verwendung des Mobiliars zu organisieren, allfällige Reparaturen zu veranlassen und logistische Maßnahmen für den Transport zu setzen.
Im 19. Jahrhundert ging man dazu über, die Schlösser mit einer ständigen Ausstattung zu versehen. In den Hauptresidenzen wie der Wiener Hofburg oder Schloss Schönbrunn waren Schlosshauptleute für das Inventar verantwortlich, in den übrigen Schlössern Schlossverwalter, wobei genaue Inventarverzeichnisse die ständige Kontrolle der Bestände ermöglichen sollten.
Das Hofmobiliendepot verwaltete jedoch nicht nur kaiserliches Luxusmobiliar, sondern auch Gebrauchsmöbel zur Ausstattung der Gebäude des Hofes, denn auch die Unterkünfte der Mitglieder des Hofstaates sowie die Amts- und Arbeitsräume der Hofverwaltung mussten ausgestaltet werden. Die diffizilen Rangunterschiede, die den Hofstaat prägten, spiegelten sich auch in der Ausstattung der Dienstwohnungen wider. Nicht nur die Menge der zugeteilten Möbel war vom Rang abhängig, sondern auch deren Materialqualität wurde nach Dienstklassen genau geregelt. Sparsamkeit war dabei oberstes Gebot, und so wanderte abgenutztes oder altmodisches Mobiliar die Dienstklassen hinunter, bis es völlig unbrauchbar wurde.
Im Laufe der Jahrhunderte hatte der über die Generationen angewachsene Möbelfundus enorme Dimensionen angenommen. Kaiser Franz Joseph I. ließ daher um 1900 das heute noch bestehende Gebäude des k. k. Hofmobilien- und Materialdepots in der Mariahilfer Straße – ideal zwischen Hofburg und Schönbrunn gelegen – als zentrales Lager für das gerade nicht in Gebrauch befindliche Mobiliar samt angeschlossenen Werkstätten errichten. Damals setzte auch die Musealisierung ein, da man kunsthistorisch bedeutende Möbel oder Stücke mit besonderem Erinnerungswert in einer Schausammlung öffentlich zugänglich machte.