Aus Blei mach‘ Silber – Alchemistische Experimente am Kaiserhof
Not macht bekanntlich erfinderisch. Von Geldnot getrieben, suchten die Habsburger nach Möglichkeiten, (heutige) chemische Gesetze außer Kraft zu setzen.
Aus der Regierungszeit von Leopold I. ist ein goldenes Medaillon erhalten geblieben, das angeblich mit Hilfe einer Tinktur von Silber in Gold verwandelt wurde – im Beisein des Kaisers. Eine weitere Gedenkmedaille verweist auf ihre Umwandlung von Blei in Silber. Sie entstand scheinbar aus alchemistischen Experimenten des kaiserlichen Beraters Johann Joachim Becher, einem der drei bedeutenden Wirtschaftsdenker des 17. Jahrhunderts (die bezeichnenderweise auch Alchemisten waren). Becher wurde unter Leopold I. sogar zu einer Art alchemistischem Berater am Kaiserhof und versuchte unter anderem, Sand in Gold zu verwandeln.
Finanzielle Nöte waren ein Grund, warum sich die habsburgischen Herrscher seit Maximilian II. für alchemistische Verfahren interessierten. Ziel der Alchemie war es, ein chemisches Element in ein anderes zu verwandeln und durch 'künstliches' Gold zu weiteren Finanzmitteln zu gelangen. Wie andere europäische Höfe investierten auch die Habsburger viel Geld in solche Experimente. Die alchemistischen Verfahren sollten aber nicht nur neue Geldquellen eröffnen, sondern waren auch Teil der Theater- und Repräsentationskultur, welche die habsburgische Macht symbolisierten. Bekanntlich gelang es den Alchemisten nicht, tatsächlich Gold herzustellen. Im Zuge ihrer Experimente machten sie aber einige nützliche Entdeckungen: Sie entwickelten beispielsweise neue metallurgische Verfahren, welche die habsburgischen Herrscher in ihren Bergwerken anwenden ließen und ihnen so doch finanzielle Vorteile brachten.