Ansiedlungsprojekte für Juden und Protestanten
In den neu erworbenen Gebieten Galiziens und der Bukowina wurden sogleich Ansiedlungsprojekte gestartet, um das Land nutzbar zu machen.
Nach der "Ersten polnischen Teilung" kamen 1772 Galizien und Lodomerien zur Habsburgermonarchie. Die Nutzbarmachung dieser Gebiete war unter anderem Ziel der maria-theresianischen und josephinischen Wirtschaftsreformen. Beide Regenten erhofften sich dadurch Bevölkerungszuwachs und die Steigerung von Produktivität. Durch die Förderung der Nahrungsmittelproduktion sollten Hungersnöten vorgebeugt, Arbeitsplätze gesichert und die Reproduktion gefördert werden. Ansiedlungsprojekte sollten die nötigen Anreize für eine Migration in die neu erworbenen Gebiete schaffen. Den neuen SiedlerInnen wurden Vergünstigungen beim Reisegeld, die Überlassung von Pachtgründen, ein Vorschuss an Saatfrüchten, Steuernachlässe und Religionsfreiheit zugesichert. Diese unterstützenden Maßnahmen gingen Hand in Hand mit der generellen Förderung des Bauernstandes. Besonders die protestantische und jüdische Bevölkerung wollte man dazu bewegen, sich in den neuen Gebieten niederzulassen. Während der Regierungszeit Maria Theresias wurden Protestanten ins ungarische Banat abgeschoben. Mit dem Gebietsgewinn Galiziens kam nun eine weitere große jüdische Bevölkerungsgruppe zur Habsburgermonarchie. In dieser Provinz lebten etwa 200.000 Juden (rund 20 Prozent der Bevölkerung), wohingegen in Österreich nur einige tausend wohnten. Mit den Ansiedlungsprojekten bestand auch für die jüdische Bevölkerung die Möglichkeit, Grundeigentum allerdings nur in Galizien zu erwerben – eine Westwanderung größerer jüdischer Bevölkerungsteile beispielsweise nach Wien wollte man verhindern. Doch der gewünschte Effekt, alle SiedlerInnen in der Landwirtschaft zu beschäftigen, stellte sich nur bedingt ein. Der Großteil der armen jüdischen Bevölkerung beschränkte sich auf den Handel mit Wolle und Hadern sowie den Hausierhandel.