Wenn ein Kaiser Inventur machte… dann wurde die Bevölkerung gezählt
Wer und was alles gezählt und erhoben und ausgewertet wurde, hing von den jeweiligen Herrschaftsinteressen ab.
Unter Franz II./I. wurde eigens dafür ein "Statistisches Bureau", die spätere k. k. statistische Zentralkommission, geschaffen. Im 19. Jahrhundert boomte das statistische Erfassen geradezu: Gezählt wurden Berufe und Motoren, Selbstmorde und Krankheiten, Gebäude und uneheliche Kinder, Entlassungen, Vereine und "Irrsinnige".
Die Volkszählungen hatten zunächst einen militärischen Grund, denn gezählt wurden zuvorderst alle wehrpflichtigen Männer – man wollte über die Anzahl der potenziellen Soldaten Bescheid wissen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts trat die Erfassung der Wehrpflichtigen als Motiv für Volkszählungen in den Hintergrund und die Statistik wurde zusehends zu einem wichtigen administrativen Herrschaftselement. Einerseits interessierten sich die Regierungen und Administrationen nun für Bevölkerungsveränderungen, also um Fragen wie viele Menschen in welchen Regionen geboren wurden, starben, zuzogen oder auswanderten. Bei der Erhebung dieser Daten griff die staatliche Obrigkeit auf bereits vorhandene Institutionen zurück, denn schon die Pfarrer mussten die Matriken – Geburts-, Heirats- und Sterbebücher der Pfarrgemeinden – abgeben. Andererseits ging es um die soziale Schichtung der Bevölkerung.
Zu diesem Zweck wurden über die Untertanen der Habsburger immer mehr Informationen erhoben – wie Alter, Geschlecht, Nationalität, Umgangssprache, Lesefähigkeit und körperliche Gebrechen. Das Hauptaugenmerk lag jedoch auf den immer detaillierteren Berufsstatistiken, weil der Beruf als Gradmesser für die soziale Stellung galt. Widerstand gegen eine statistische Erfassung kam insbesondere von Seiten der Industriellen und größeren Gewerbetreibenden, die teilweise falsche Angaben über ihre Produktionsstätten oder die Anzahl der Motoren und ArbeiterInnen machten, weil sie steuerliche Nachteile befürchteten.