Von Graz nach Wien: Der Aufstieg Ferdinands II. zum Oberhaupt der Dynastie
Die österreichische Hauptlinie der Habsburger stand vor dem Aussterben: deren prominenteste Vertreter, Kaiser Rudolf II., und sein ehrgeiziger Bruder Matthias blieben ohne legitime Nachfolger. Zusätzlich geschwächt wurde die Dynastie durch den Konflikt zwischen den beiden Brüdern um die Macht, was den Gegnern eine ideale Angriffsfläche bot.
Ferdinand wurde zum immer wahrscheinlicheren Kandidaten für die Nachfolge auf dem Kaiserthron. Der junge Aufsteiger aus Graz vermied es geschickt, im Brüderzwist eindeutig Stellung zu beziehen. 1617 schloss er mit den mächtigen spanischen Verwandten einen Geheimvertrag (Oñate-Vertrag), worin Spanien gegen territoriale Zugeständnisse seine Zustimmung und Unterstützung für die Nachfolge Ferdinands gab. Eindeutig positionierte sich Ferdinand nur in konfessionspolitischen Fragen als kompromisslos. Den mehrheitlich nicht-katholischen Adelsgemeinden in den Ländern der Habsburgermonarchie war bewusst, dass der sich immer klarer als Nachfolger abzeichnende Erzherzog die Gegenreformation zu seiner Hauptaufgabe machen würde.
1617 gelang es einer einflussreichen Gruppe von katholischen Magnaten dank geschickter Schachzüge Ferdinand an der nicht-katholischen Mehrheit im böhmischen Landtag vorbei als König von Böhmen durchzusetzen.
Ferdinands Herrschaft in Böhmen wurde jedoch bald infrage gestellt: Die schwelenden Konflikte zwischen der nicht-katholischen Mehrheit und der immer selbstbewusster auftretenden katholischen Partei im Adel eskalierten 1618 im Prager Fenstersturz, als die königlichen Statthalter von einer Gruppe oppositioneller Adeliger aus einem Fenster der Prager Burg geworfen wurden. Dies war der Auftakt für eine offene Revolte gegen das königliche Regime, dem sich teilweise auch die mährischen und schlesischen Stände anschlossen. In der Folge wurde Ferdinand als König von Böhmen für abgesetzt erklärt und an seiner Stelle der kalvinistische Kurfürst Friedrich von der Pfalz gewählt. Die aufständischen böhmischen Adeligen wollten dadurch den Konflikt auf eine internationale Ebene heben und erhofften sich dadurch – wie sich zeigen sollte, vergeblich – die Unterstützung des protestantischen Lagers in Europa.
Durch den Tod von Kaiser Matthias 1619 verkomplizierte sich die Lage. Die ebenfalls protestantisch dominierten Stände Nieder- und Oberösterreichs verweigerten zunächst Ferdinand die Erbhuldigung. In einem Moment der Bedrängnis, als Ferdinand von einer Gruppe protestantischer Adeliger in der Wiener Burg zu religionspolitischen Zugeständnissen gezwungen werden sollte („Sturmpetition“), kam es zu einer von der zeitgenössischen prokatholischen Propaganda oft tradierten Szene, die die Standhaftigkeit und das unerschütterliche Gottvertrauen Ferdinands legendenhaft illustrieren sollte: Es hätte nämlich das Kruzifix, dem sich Ferdinand im Gebet zugewandt hatte, zu ihm die deutlich vernehmbaren Worte gesprochen: „Ferdinande, non te deseram!“ (Ferdinand, ich werde dich nicht verlassen). Im selben Moment sei eine Abordnung kaisertreuer Soldaten vor der Burg erschienen, und die Aufrührer mussten sich unverrichteter Dinge zurückziehen.
1618 wurde Ferdinand zum König von Ungarn gewählt. Aber auch hier war seine Herrschaft nicht unangefochten: Gabriel Bethlen, der Fürst von Siebenbürgen, fiel in den habsburgischen Teil des geteilten Königreiches ein, wo er Unterstützung unter weiten Teilen des ebenfalls mehrheitlich protestantischen Adels fand, der sich durch das gegenreformatorische Regime des neuen Herrschers in seinen Freiheiten beschränkt sah.
Erst als es Ferdinand gelang, gegen weitreichende Zugeständnisse die Unterstützung seines Cousins Herzog Maximilian von Bayern zu gewinnen, hatte er die Mittel, um schlagkräftig reagieren zu können. Bayern war der Initiator der Liga, eines militärischen Bündnisses der katholischen Kräfte im Heiligen Römischen Reich. Eine alliierte katholische Armee von kaiserlichen und bayrischen Einheiten zog am 8. November 1620 in die Schlacht am Weißen Berg bei Prag, die in einen vollständigen Zusammenbruch des böhmischen Ständeaufstandes mündete.
Ferdinand selbst schrieb den Erfolg der katholischen Partei dem Wirken der Gottesmutter Maria zu, die zuvor zur symbolische Anführerin („Generalissima“) der katholischen Armee ernannt worden war.