Musikleben im Haus am Ring
Am 25. Mai 1869 wurde das neue Opernhaus mit Mozarts „Don Giovanni“ eröffnet. Kaiser Franz Joseph wohnte der Aufführung gemeinsam mit dem König von Hannover in der Hofloge bei. Nur Kaiserin Elisabeth fehlte, wie auch in der Presse vermerkt wurde.
Stefan Zweig in "Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers", erstmals erschienen 1942.Während im Politischen, im Administrativen, in den Sitten alles ziemlich gemütlich zuging, und man gutmütig gleichgültig war gegen jede ,Schlamperei‘ und nachsichtig gegen jeden Verstoß, gab es in künstlerischen Dingen keinen Pardon; hier war die Ehre der Stadt im Spiel. Jeder Sänger, jeder Schauspieler, jeder Musiker mußte ununterbrochen sein Äußerstes geben, sonst war er verloren. Es war herrlich, in Wien ein Liebling zu sein, aber es war nicht leicht, Liebling zu bleiben; ein Nachlassen wurde nicht verzichtet. […] Wer in der Oper unter Gustav Mahler eisernste Disziplin bis ins kleinste Detail, bei den Philharmonikern Schwungkraft mit Akribie als selbstverständlich verbunden gekannt, der ist eben heute selten von einer theatralischen oder musikalischen Aufführung voll befriedigt.
Aller Kritik zum Trotz erwies sich die neue Oper mit ihrem bis zu 2.300 Personen fassenden Innenraum als äußerst zweckmäßig geplant und bestach durch eine hervorragende Akustik. Diese machte sie gemeinsam mit der prunkvollen Innenausstattung beim Publikum äußerst beliebt. Auch technisch war das Haus mit Brandschutzeinrichtungen, Heizung und Entlüftung sowie einer modernen Gasbeleuchtung auf dem neuesten Stand.
Die 1880er Jahre brachten die musikgeschichtlich fruchtbarste Periode der Hofoper. Sie wurde zur Aufführungsstätte gepriesener Inszenierungen mit prachtvollen Kostümen, hervorragenden SängerInnen und den Wiener Philharmonikern, die sich ihren Ruf als eines der besten Orchester der Welt erwarben.
Ab 1897 leitete Gustav Mahler als Operndirektor grundlegende Veränderungen im Wiener Opernbetrieb ein. Er wollte Richard Wagners Idee des Gesamtkunstwerks Oper in die Realität umsetzen: Ton, Wort und Bild sollten dabei eine Einheit bilden. Als Bühnenbildner versuchte Alfred Roller diesen Anspruch zu verwirklichen. Das Bühnenbild wurde auf das Wesentliche reduziert, die vorher üblichen üppigen Dekorationen wurden beseitigt, eine neuartige Lichtregie kam zum Einsatz. Während Mahler zu Beginn seiner Tätigkeit von den WienerInnen verehrt wurde, stieß er später aufgrund seiner jüdischen Abstammung auf zunehmende Ablehnung. Im Dezember 1907 verließ er Wien enttäuscht in Richtung New York.
Nach 1918 wurde die Hofoper – nun unter dem neuen Namen Staatsoper – in der Republik Österreich fast unverändert fortgeführt.