Mehr Staat: Die Universitätsreform Gerard van Swietens
Die maria-theresianischen Reformen machten vor der Universität nicht halt: Der geistliche Einfluss musste weichen, der Staat sollte die Kontrolle über die Studien übernehmen.
Ab dem 17. Jahrhundert begann die zunehmende Säkularisierung des Lehrbetriebs. Die Unterrichtsmethoden des Jesuitenordens wurden kritisiert, insbesondere die Vernachlässigung der weltlichen Fakultäten. Die Studien sollten sich jetzt auf den Staat und die Politik konzentrieren. Maria Theresias Leibarzt und Berater Gerard van Swieten führte eine grundlegende Reform des Universitätswesens durch, die den staatlichen Einfluss in allen wesentlichen Universitätsangelegenheiten verstärkte. Auch die Studienpläne wurden auf die Bedürfnisse des Staates ausgerichtet.
Die Universität wurde ausgebaut: Sie erhielt einen neuen Sitz (heute das Gebäude der Akademie der Wissenschaften), das Allgemeine Krankenhaus wurde errichtet (heute der Campus der Universität Wien), der Botanische Garten begründet und ein „Anatomisches Theater“, ein Hörsaal für medizinische Studien, erbaut. Von den Neuerungen profitierten insbesondere die Medizinische und Juridische Fakultät, die Theologische und Philosophische Fakultät hatten das Nachsehen.
Am 13. Mai 1777, dem Geburtstag Maria Theresias, wurde die neue „Akademische Bibliothek“ eröffnet. Ihr Bücherbestand speiste sich aus Dubletten der Hofbibliothek, die ihr vermacht worden waren, sowie den Bücherbeständen des aufgehobenen Jesuitenordens. Anfänglich umfasste diese Bibliothek rund 45.000 Bücher, der Bestand nahm infolge der Klosteraufhebungen rasch zu. Sie war öffentlich zugänglich. 1884 wurde sie mit nun bereits 300.000 Bänden in das neue Hauptgebäude an der Wiener Ringstraße übersiedelt. Heute umfasst die Universitätsbibliothek mehr als sechs Millionen Bücher.