Kaiser Karl der Letzte – Entmachtung und Exil
Im Herbst 1918 begann die Auflösung der Monarchie, welcher der politisch isolierte und machtlose Kaiser nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
Verstärkt durch die massiven Versorgungskrisen, welche die totale ökonomische Erschöpfung offenbarten, wurde die Überlebensfähigkeit der Monarchie nun von weiten Teilen der Bevölkerung über die ethnischen Grenzen hinweg angezweifelt. Die Vertreter der einzelnen Nationen kündigten die Zugehörigkeit zur Habsburgermonarchie auf und begannen für sich Territorien für die Gründung von Nationalstaaten zu beanspruchen.
Nach dem Waffenstillstand vom 4. November 1918 und der kurz darauf erfolgten Selbstauflösung der Armee ging die letzte Klammer verloren, welche die Gesamtmonarchie zusammenhielt. Am 11. November 1918 unterschrieb Karl, dem de facto längst die Macht abhanden gekommen war, in Schloss Schönbrunn schließlich eine Erklärung, in der er auf jegliche Beteiligung an den Regierungsgeschäften in der österreichischen Reichshälfte verzichtete. Zwei Tage später, am 13. November, folgte eine ähnliche Erklärung für die ungarische Reichshälfte.
Karl weigerte sich jedoch abzudanken, da er sich von der göttlichen Vorsehung („von Gottes Gnaden“) mit der Funktion des Monarchen betraut sah, und nicht durch den Willen einer Volksvertretung. Diese Haltung, in der Karl von seiner willensstarken Gattin Zita bestärkt wurde, ist geradezu symptomatisch für das monarchische Selbstverständnis der Habsburger-Dynastie.
Nachdem die entmachtete Kaiserfamilie zunächst Quartier im niederösterreichischen Schloss Eckartsau genommen hatte, übersiedelte sie im März 1919 ins Exil in die Schweiz. An der österreichisch-schweizerischen Grenze widerrief Karl im sogenannten Feldkircher Manifest kurz vor seiner Ausreise die Verzichtserklärungen und proklamierte sich als unrechtmäßig abgesetzt.
Aus dem Schweizer Exil startete Karl im Jahre 1921 zwei Restaurationsversuche zur Wiedererlangung der Macht in Ungarn, die jedoch beide fehlschlugen. Daraufhin wurden Karl und seine Familie von den Westmächten auf die portugiesische Atlantikinsel Madeira verbannt, wo er am 1. April 1922 im Alter von nur 35 Jahren an der Spanischen Grippe verstarb. Begraben wurde Karl in der Kirche Nossa Senhora do Monte nahe Funchal.
Karls Andenken wurde in der Folge von seiner Gattin Zita hochgehalten. Die streitbare Kaiserin-Witwe hielt eisern an den Thronansprüchen der Dynastie fest. Karl wurde nicht zuletzt dank der Tatkraft und Autorität Zitas zum Symbol für die legitimistische Bewegung in Mitteleuropa. Sein früher Tod und das tragische Scheitern seiner Friedensbemühungen führten zu einer Überhöhung des Andenkens an den gescheiterten Monarchen als „Märtyrerkaiser“: Forciert durch prominente konservativ-katholische Kreise erfolgte am 3. Oktober 2004 die Seligsprechung Karls durch Papst Johannes Paul II. mit der Begründung, der letzte Habsburger auf dem Kaiserthron sei ein „vorbildlicher Christ, Ehemann, Familienvater und Herrscher“ gewesen.