Ferdinand I.: Jugend im Schatten des älteren Bruders
Ferdinand kam als jüngerer Sohn des Habsburgers Philipp, genannt „der Schöne“, und Johanna, der Erbtochter der Königreiche Kastilien, Leon und Aragon, die in die Geschichte als „die Wahnsinnige“ einging, am 10. März 1503 in Spanien zur Welt.
Aufgrund des frühen Todes des Vaters und des zunehmenden geistigen Verfalls der Mutter wuchs der junge Prinz in Obhut seiner Großeltern mütterlicherseits in Spanien auf. Ferdinand wurde dadurch zu einem Spanier durch und durch. Obwohl sein Großvater, König Ferdinand V. von Aragon seinen Enkel sehr schätzte, kam nach dessen Tod 1516 die Primogeniturerbfolge zum Tragen. Das gesamte Erbe des gerade in Entstehung begriffenen spanischen Weltreiches fiel an den erstgeborenen Karl.
Die beiden Brüder wuchsen getrennt auf, denn Karl wurde in den Niederlanden erzogen. Ihr erstes Zusammentreffen fand 1517 statt. Zwischen den beiden Männern entwickelte sich ein schwieriges Verhältnis. Ferdinand stand eindeutig im Schatten seines Bruders Karl. Konkurrenz und Eifersucht ließen den Jüngeren in die Niederlande ausweichen: Ferdinand fand bei seiner Tante Margarete einflussreiche Protektion.
Schließlich wurde Ferdinand 1521 im Vertrag von Worms die Herrschaft in den österreichischen Stammlanden der Habsburger, bestehend aus der „niederösterreichische Ländergruppe“ (Nieder- und Oberösterreich) und Innerösterreich (Steiermark, Kärnten und Krain), abgetreten. Erweitert wurde Ferdinands Herrschaftsbereich 1522 in der zunächst geheimgehaltenen Vereinbarung von Brüssel, bei dem Karl auch Tirol und die Vorlande (die sogenannten „oberösterreichischen Lande“) sowie Württemberg seinem Bruder übertrug. Diese Territorien lagen damals etwas abseits des Interesses der Dynastie, die in Spanien, Italien und den Niederlanden ihren neuen Schwerpunkt fand. Dennoch behielt sich Karl weitreichende Einflussmöglichkeiten, er sah in seinem Bruder mehr oder weniger seinen verlängerten Arm.
Ein Grund für die Einräumung souveräner Rechte für den jüngeren Bruder war auch dessen Heirat mit Anna von Jagiello, der Schwester des minderjährigen Königs Ludwig II. von Böhmen und Ungarn. Deren habsburgischer Gatte sollte über eine standesgemäße Stellung als Beherrscher eigener Territorien verfügen.