Fälschung nach habsburgischer Art: Das "Privilegium maius"
Um die Stellung des Hauses Österreich aufzuwerten, ließ Herzog Rudolf IV. eine Reihe von Dokumenten fälschen. Der selbstbewusste Herzog weitete damit die habsburgischen Herrschaftsansprüche entschieden aus.
Die habsburgischen Landesfürsten konnten im 14. Jahrhundert die Herrschaft in ihren Herzogtümern ausbauen. Im Heiligen Römischen Reich drohten sie jedoch zurückzufallen: 1356 erließ Kaiser Karl IV., ein Luxemburger, die "Goldene Bulle", mit der die Wahl des römisch-deutschen Königs bis zum Untergang des Heiligen Römischen Reiches 1806 geregelt wurde. Auch die Stellung der sieben Kurfürsten, die den König wählten, wurde darin definiert – die Habsburger wurden nicht berücksichtigt, da Österreich kein Kurfürstentum war.
Der habsburgische Herzog Rudolf IV. hatte aber ambitionierte Herrschaftspläne, und schon einige Monate, nachdem er das Erbe seines verstorbenen Vaters Herzog Albrechts II. angetreten hatte, machte er sich an deren Umsetzung: Um die Stellung seiner Familie im Reich aufzuwerten, ließ er im Winter 1358/59 eine Reihe von Dokumenten fälschen, die in der Geschichtsschreibung als "Privilegium maius" ("großer Freiheitsbrief") bezeichnet werden. Solche Urkundenfälschungen waren damals ein beliebtes Mittel, um Herrschaftsansprüchen legitimierenden Nachdruck zu verleihen.
Rudolfs Fälscher griffen dazu auf ältere Dokumente zurück – vor allem auf das "Privilegium minus" von 1156, in dem Kaiser Friedrich I. "Barbarossa" dem babenbergischen Herzog von Österreich Heinrich II. "Jasomirgott" besondere Rechte gewährt hatte. Diese Urkunde schmückten sie zugunsten der Habsburger – den Nachfolgern der Babenberger als österreichische Landesfürsten – aus. Eine der wesentlichsten Bestimmungen der Fälschung war, dass der Herzog von Österreich den Kurfürsten gleichgestellt sein sollte "wie ein Pfalzerzherzog". Die Bulle des Originals wurde an die Fälschung gehängt, die Originalurkunde dürfte anschließend vernichtet worden sein.
Der Kaiser verweigerte die Anerkennung des Privilegium maius – auch deshalb, weil der an seinem Hof befindliche Gelehrte Francesco Petrarca zwei angebliche Urkunden der antiken römischen Herrscher Cäsar und Nero, auf die sich das Dokument bezog, als Fälschungen erkannte. Das Privilegium maius wurde erst 1442 durch den habsburgischen Kaiser Friedrich III. bestätigt. Der Titel eines Erzherzogs ("archidux") wurde zur habsburgischen Spezialität: Ab dem 15. Jahrhundert führten alle Mitglieder der Familie diesen Titel. Der zweifelsfreie Nachweis, dass es sich beim Privilegium maius um eine Fälschung handelte, gelang übrigens erst im 19. Jahrhundert.