Es wird geheiratet, es wird geschieden
Mit dem Ehepatent wurde die Ehe 1783 zur Staatsangelegenheit. Neben dem kirchlichen Ehegelübde gab es nun auch die Zivilehe.
Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht trennen – das Gericht allerdings schon. Die Trennung von weltlichen und kirchlichen Angelegenheiten bestand seit dem josephinischen Ehepatent von 1783. Darin wurde das kirchliche Ehegelübde um einen zivilrechtlichen Status erweitert. Dieses Zugeständnis an Bürgerrechten war der Strömung der Aufklärung zu verdanken, deren Ideal es war, Gleichheit und Freiheit eines rational handelnden Menschen zu garantieren. Frauen wurden in diese Kategorie allerdings nicht als gleichberechtigt miteinbezogen. Als 'Schutzbedürftigte' benötigten Ehefrauen beispielsweise bei der Durchführung von amtlichen Angelegenheiten einen Vormund. Als Empfehlung für ihre Vormundschaft wurde im Ehepatent natürlich der Ehegatte angeführt. Das neue Gesetz verlangte außerdem die Zustimmung der Erziehungsberechtigten bei einer Ehelichung von Minderjährigen.
Die Lösung einer Ehe stellte einen besonders strittigen Reibungspunkt zwischen Staat und Kirche dar. Während sich nun Nichtkatholiken (Juden, Protestanten) offiziell scheiden lassen durften, blieb die katholische Kirche weiterhin bei der Überzeugung, dass eine Ehe vor Gott unauflösbar sei.
Allerdings gab es nun auch für Katholiken die Möglichkeit zur 'Trennung von Tisch und Bett'. Nach einer Meldung bei Gericht und der Bestätigung des Pfarrers, wonach eine Ehe nicht ausgesöhnt werden konnte, war eine solche Trennung möglich. Als Beweis galten hierfür die einvernehmliche Übereinkunft beider Parteien sowie ein bereits getrennt geführter Haushalt. Konnte zwischen den Gatten kein Einvernehmen über die Trennung erzielt werden, mussten sie triftige Gründe vor Gericht anführen können, um dennoch eine Auflösung zu bewirken. Konnte in der Beweisführung Mordversuch, Ehebruch und boshaftes Verlassen der Ehegemeinschaft nachgewiesen werden, so entschied alleinig die weltliche Instanz über die Auflösung der Ehe. Trotz 'Trennung von Tisch und Bett' blieb der kirchliche Ehebund zwischen Katholiken bestehen.