Don Carlos: Die Tragödie des Königssohnes
Don Carlos war trotz seines besorgniserregenden geistigen und körperlichen Zustandes als einziger Sohn Philipps II. lange Zeit die zweifelhafte Hoffnung der Dynastie. Als er mit 23 Jahren starb, war sein Vater zwar von einer menschlichen Hypothek erlöst, stand aber ohne männlichen Thronerben da.
Don Carlos, der 1545 als erstes Kind seines Vaters Philipp II. zur Welt kam und bei dessen Geburt die junge Mutter, Maria von Portugal starb, war ein kränkliches Kind. Er war verwachsen, was sich in ungleich hohen Schultern und in einem verkürzten Bein manifestierte. Zusätzlich zu dieser körperlichen Missbildung hatte er einen Sprachfehler. Sein allgemein schlechter gesundheitlicher Zustand wurde durch regelmäßige Fieberschübe verschlimmert, die möglicherweise auf eine Malariainfektion zurückgingen. Nach einem Sturz mit 17 Jahren, bei dem er sich den Kopf verletzte, musste eine Trepanation durchgeführt werden: dabei wird der Schädelknochen angebohrt, um Flüssigkeit ablaufen lassen zu können, die sonst durch den Druck das Gehirn beeinträchtigt hätte. Don Carlos überlebte die Operation, verlor aber als Folge davon kurzfristig den Sehsinn.
Außerdem galt der Prinz – zusätzlich zu seinem wenig vorteilhaftem Äußeren – als jähzornig und geistig schwach entwickelt (obwohl wiederum in anderen Quellen sein gutes Gedächtnis und sein Witz gerühmt werden). Er stach durch aggressives Verhalten gegenüber seiner Umgebung hervor und fand besonderen Gefallen darin, seine Pferde zu Tode zu reiten. Seine Unberechenbarkeit wurde durch seine Alkoholsucht verstärkt.
Da er stets mit einer hohen Knabenstimme sprach, kamen Gerüchte um eine Impotenz des heranwachsenden Jünglings auf. 1567wurde der 22-jährige deshalb unter ärztlicher Aufsicht einer Probe unterzogen, die seine Zeugungsfähigkeit beweisen sollte. Das Ärzteteam, das mit allerhand Mitteln den jungen Mann behandelte, sowie das junge Mädchen, das als „Versuchskaninchen“ fungierte, wurden nach erfolgreichem Abschluss reich belohnt.
Die körperliche und geistige Schwäche des einzigen Sohnes und Erben war auch der Grund, warum die Söhne von Philipps Cousin Maximilian II., der spätere Kaiser Rudolf II. und Erzherzog Ernst, an den spanischen Hof geholt wurden, um dort erzogen und als eventuelle Nachfolger aufgebaut zu werden. Da Maximilians Frau Maria von Spanien eine Schwester Philipps II. war, waren die beiden Habsburger Prinzen zugleich auch Neffen des spanischen Königs.
1567 gelangte die Beziehung von Don Carlos zu seinem Vater auf den Tiefpunkt. Der spanische Prinz plante seine Flucht in die Niederlande, um sich dort mit den Gegner seines Vaters zu verbünden. Die Pläne wurden aufgedeckt, und auf Befehl seines Vaters wurde Don Carlos interniert. Eine Anklage wegen Hochverrats wurde erwogen. Der gesundheitliche Zustand des Königssohnes verschlechterte sich, und er starb 1568 unter mysteriösen Umständen: Er soll nach übermäßigem Genuss von stark gewürzten Pasteten unter enormem Durst gelitten haben. Nachdem er an die zehn Liter Wasser getrunken hatte, verstarb er an einer Kolik. Gerüchte, Carlos sei auf Geheiß seines Vaters ermordet worden, wollten nicht verstummen.