Die Masse für sich gewinnen
Erste Wahlen für einen neuen Staat: Mit dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht konnten erstmals auch alle Frauen ihre Stimme abgeben. Die Aufgabe der Parteien war es nun, die neue Wählerschaft für sich zu gewinnen.
Aus den Verfassungskonflikten bildeten sich ideologische Linien heraus, welche die Basis für die in den 1880er Jahren in Österreich entstandenen Parteien bildeten. Kirche, Staat und die Bürokratie als elitärer Staatsapparat waren die gemeinsame Angriffsfläche für eine bürgernahe Parteipolitik. Diese Gemeinsamkeit fand ihren Ausdruck in der ursprünglichen engen, personellen Verflechtung der Parteien im deutschliberalen Lager unter der Führung Georg Schönerers. Auch die späteren Führer der Massenparteien, Karl Lueger und Victor Adler, kamen aus diesem Lager. Die Lösungsansätze zur Bekämpfung der elitär-herrschaftlichen Strukturen waren allerdings sehr verschieden. Die konservative christlichsoziale Partei, die sich auf katholische Traditionen berief, entstand in Opposition zu den Liberalen. Sie begann sich in den 1880ern aus der Handwerkerbewegung zu formieren, die für den Schutz des Kleinbürgertums eintrat, um den Großindustriellen Parole bieten zu können. Karl Lueger schlug sich auf die Seite der Christlichsozialen.
Adler hingegen schloss sich der Arbeiterbewegung an und kämpfte für die Rechte der untersten Bevölkerungsschicht. 1888 etablierte sich aus dieser Bewegung die Sozialdemokratische Partei.
Eine große Herausforderung für die Parteien stellten die ersten Wahlen der jungen Demokratie im Februar 1919 dar, als es mit dem aus der Monarchie übrig gebliebenen Staatsapparat eine Republik aufzubauen galt.