Auf Spurensuche: Kaiser Franz Joseph
Franz Joseph ist als prototypischer Monarch der Habsburgermonarchie, als gütig lächelnder Großpapa des Reiches in die Geschichte eingegangen. Daneben existieren aber auch andere Sichtweisen, die den Habsburger als seelenlosen Bürokraten zeigen, der das Reich sehenden Auges in den Untergang geführt hat.
Aus einem Brief Franz Josephs 1866, zitiert nach: Schnürer, Franz (Hg.): Briefe Kaiser Franz Josephs an seine Mutter, München 1930, S. 357Wenn man alle Welt gegen sich und gar keinen Freund hat, so ist wenig Aussicht auf Erfolg, aber man muss sich so lange wehren, als es geht, seine Pflicht bis zuletzt tun und endlich mit Ehren zugrunde gehen.
Ein anonymer Beobachter aus dem Umfeld des Kaisers (wahrscheinlich Kronprinz Rudolf), zitiert nach: Brigitte Hamann (Hg.): „Majestät, ich warne Sie“ Geheime und private Schriften, Wien 1979, S. 10Unser Kaiser hat keinen Freund, Sein Charakter, Sein Wesen lassen dies nicht zu. Er steht verlaßen auf seiner Höhe, mit Seinen Dienern spricht Er über die Berufsgeschäfte jedes Einzelnen, doch ein Gespräch vermeidet Er ängstlich, darum weiß Er wenig über das Denken und Fühlen der Leute, über die Ansichten und Meinungen des Volkes [...] Er glaubt, wir sind jetzt in einer der glücklichsten Epochen Österreichs, offiziell sagt man es Ihm, in den Zeitungen liest Er nur die roth bezeichneten Stellen, und so ist Er getrennt von jedem rein menschlichen Verkehr, von jedem unpartheiischen, wirklich gesinnungstüchtigen Rathschlag.
Der Kaiser wurde bereits zu Lebzeiten zu einem „Denkmal seiner selbst“, zu einem Relikt einer fernen Zeit, zu einem Anachronismus in der modernen Welt. Interessanterweise existiert in Wien kein Denkmal für Franz Joseph, das der Bedeutung seiner langen Regentschaft Rechnung trägt. Das unauffällige Denkmal Franz Josephs im Burggarten stellt eher eine Verlegenheitslösung dar. Die Statue war nicht für diesen Standort geplant, sondern zierte ursprünglich die Militär-Kadettenschule in Wien-Breitensee und wurde erst 1957 hier aufgestellt.
Klassische Orte, um den Spuren Franz Josephs zu folgen, sind das Schloss Schönbrunn und die Kaiserappartements der Wiener Hofburg, wo man die Räume besichtigen kann, in denen Franz Joseph gewohnt hat. Deren nüchterne, altmodische Atmosphäre erzählt viel über den Alltag des bekannt anspruchslosen Kaisers.
Die privaten Leidenschaften des Kaisers sind das Leitthema in Bad Ischl im oberösterreichischen Salzkammergut, wo die Erinnerung an den allerhöchsten Urlaubsgast in nostalgischer Verklärtheit hochgehalten wird. Die Kaiservilla, im Besitz der direkten Nachkommen Franz Josephs, zeigt den Kaiser als Privatmann und leidenschaftlichen Jäger.
Franz Joseph als Monarchen begegnet man im Bereich der ehemaligen Monarchie allerorts an öffentlichen Gebäuden, die während seiner langen Regentschaft errichtet wurden. Die Initialen, „FJ I“, Büsten und Gemälde, die den Kaiser als Staatsoberhaupt zeigen, schmücken Museen und Schulen, Bahnhöfe und Brücken, Kasernen und Verwaltungsgebäude, die oft auch ursprünglich nach dem Monarchen benannt waren, nun aber zumeist umbenannt sind.
Besonders die Wiener Ringstraße in ihrer Gesamtheit gilt als ein Symbol für die Spätzeit der Monarchie unter Franz Joseph. Weitere Erinnerungsorte in Wien sind die Votivkirche, die als Dankeskirche für das Überleben des jungen Franz Joseph beim Attentatsversuch von 1853 errichtet wurde, und das Heeresgeschichtliche Museum, das als Ruhmestempel der k. u. k. Armee gedacht war.