Als Nicht-Rauchen die Monarchie bedrohte – Rauchabstinente in der Lombardei
Dass Rauchen die Gesundheit schädigt, dürfte allgemein bekannt sein; dass aber Nicht-Rauchen sogar eine ganze Monarchie gefährden konnte, dürfte nicht nur RaucherInnen verwundern.
Erzherzog Ludwig betrachtete "diese Zigarrengeschichte" als "eine Büberey", welche er allerdings als "höchst unangenehm" empfand. Drastischer formuliert gefährdete sie 1848 die gesamte Monarchie. Die lombardische Bevölkerung hatte sich dazu entschlossen, das Rauchen zu verweigern, um gegen das politische System zu protestieren. An sich noch keine große Bedrohung, wenn nicht aus der Konsumverweigerung ein Auftakt zur Revolution von 1848 geworden wäre.Feldmarschall Graf Radetzky, der als Generalkommandant die österreichische Armee im Königreich Lombardo-Venetien befehligte, ließ den stationierten Soldaten Extrarationen an Zigarren und Sonderurlaube zukommen – unter der Bedingung, dass in den Straßen Mailands demonstrativ geraucht würde. Die lombardischen Nicht-RaucherInnen bewarfen daraufhin die rauchenden Soldaten mit Steinen und bald entzündete sich eine Straßenschlacht, in der zahlreiche Menschen starben.
Nicht nur der Aufstand machte den Habsburgern Sorgen, sondern auch der Entgang von Steuern. Denn der Staat profitierte von der rauchfreudigen Bevölkerung, zehn bis zwanzig Prozent der Steuereinnahmen stammten im 19. Jahrhundert aus dem staatlichen Tabakmonopol – und die lombardische Bevölkerung rauchte vor allem teure Zigarren. Auch bei anderen Aufständen wurden deshalb Tabakfabriken zu ersten Zielen; nicht zuletzt wegen des Doppeladlers als Symbol des staatlichen Monopols.
In politischen Krisenzeiten wurde oftmals das Tabakmonopol aufgehoben, um es nach der Beruhigung sogleich wieder einzuführen. (Nicht-)Rauchen als Widerstand gegen staatliche Bevormundung endete nicht zwangsläufig in Gewalt. In der Südsteiermark etwa schmuggelte die widerständige Bevölkerung rege Tabak, was zuweilen gar als Charaktereigenschaft dieser Region gedeutet wurde. Die Tiroler Bevölkerung wiederum konnte das Tabakmonopol ganz legal umgehen: Als treue Schützen im Kampf gegen Napoleon und Bayern hatten sie sich quasi das Recht auf Tabakanbau verdient, wenn auch nur für kurze Zeit.