Wie ein König und Fürst. Hausherrschaften
Der Kern herrschaftlicher Prinzipien findet sich im Kleinen: Die vorbildliche Organisation des "ganzen Hauses" galt als Ideal der ständisch geprägten Gesellschaft.
Das "ganze Haus" war in der Frühen Neuzeit die Bezeichnung für eine Hausgemeinschaft oder -wirtschaft, die als Arbeitsstätte und Wohnort alle Beteiligten miteinander verband. Für die Arbeitsorganisation zeichnete der Hausvater verantwortlich. Als Herr des "ganzen Hauses" war er der Träger autochthoner Gewalt, weswegen er bisweilen auch "König und Fürst in seinem Hause" genannt wurde. Dieses patriarchalische Prinzip der Hausordnung stand in engem Zusammenhang mit den übergeordneten Herrschaftsverhältnissen. Das "ganze Haus" galt daher auch als eine Metapher für den Staat. Agrippa von Nettesheim hielt fest: "Denn, der ist nicht würdig, eine Stadt zu regieren, welcher nicht gelernet hat, ein Haus zu regieren."
Nicht die Familie, sondern das Haus bzw. die Hausherrschaft bildete in der Frühen Neuzeit die zentrale Lebensordnung. Die Familie im modernen Sinn entstand erst im 18. Jahrhundert. Das "ganze Haus" war Ort des Haushaltes und Betriebes zugleich. Bei Bauern umfasste es neben dem Wohnbereich die Landwirtschaft samt Stallungen, bei Handwerkern die Werkstatt, bei Kaufleuten den Speicher oder das Warenlager und bei Adeligen die Wirtschaftsgebäude. In der Hausgemeinschaft lebten die Hausbesitzer, leibliche Kinder, Stiefkinder, Verwandte, Gesinde, Inleute und Altenteiler (zumeist Großeltern, die nicht mehr zur häuslichen Produktion beitrugen). Die Hausgemeinschaft machte die Menschen erst zu Mitgliedern der Gesellschaft. Ein außerhalb des Hauses Lebender galt als 'unbehaust', sowohl rechtlich als auch politisch. Nur das Mitglied einer Hausgemeinschaft genoss Schutz und wurde rechtlich durch den Hausherrn in der Öffentlichkeit vertreten. Vollwertiges Mitglied der feudal-ständischen Gesellschaft war allerdings nur der verheiratete Hausherr selbst. Das galt für Bauern, Handwerker, Kaufmänner und selbst für Adelige.