Wie die Habsburger die Alpen eroberten
Im 14. Jahrhundert gelang es den Habsburgern durch geschickte Bündnispolitik ihre Hausmacht im Ostalpenraum auszubauen. 1335 kamen Kärnten und Krain, 1365 schließlich Tirol unter habsburgische Herrschaft. Die Schlüsselfigur dabei war Margarete Maultasch.
Margarete (1318–1369) war die einzige Tochter Heinrichs von Kärnten-Tirol und als Erbtochter entsprechend heiß umworben. Sie entstammte der Tiroler Linie der Grafen von Görz, die aufgrund ihres Leitnamens auch „Meinhardiner“ genannt werden. Im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts errichtete dieses Geschlecht eine ausgedehnte Herrschaft im Ostalpenraum, die neben Tirol auch Kärnten und Krain umfasste.
Die Herkunft ihres Beinamens „Maultasch“ ist ungeklärt. Dies bezieht sich wahrscheinlich nicht auf eine Missbildung der Mundpartie, wie landläufig angenommen wird, denn Margarete wurde von Zeitgenossen als durchaus schöne Frau beschrieben. Offenbar handelt es sich hier um einen Schandnamen oder eine Anspielung, deren genauer Ursprung nicht mehr feststellbar ist.
Mit zwölf Jahren war Margarete mit dem neunjährigen Johann Heinrich von Böhmen, dem Sohn König Johanns von Böhmen, des ersten Luxemburgers auf dem böhmischen Thron, vermählt worden. Um ihre Hausmacht zu erweitern, starteten die Luxemburger zu Beginn des 14. Jahrhunderts eine dynamische Expansionspolitik in Zentraleuropa. Als Reaktion darauf schloss der Habsburger Albrecht II. mit dem Römisch-Deutschen König Ludwig „dem Bayern“ aus dem Haus Wittelsbach 1330 einen Geheimvertrag, um einen Machtzuwachs der Luxemburger zu verhindern. Demnach sollten nach dem absehbaren Aussterben der Meinhardiner dem Haus Habsburg Kärnten, Krain und Teile des südlichen Tirols zufallen, während die Wittelsbacher das eigentliche Tirol erhalten sollten.
Diese geheime Vereinbarung erschwerte die Durchsetzung Margaretes als Herrscherin über ihre Länder nach dem Tod des Vaters 1335. Trotz Rückendeckung durch das Haus Luxemburg mussten Margarete und ihr Gatte im Frieden von Enns 1336 nach einem erfolglosen Feldzug zugunsten der Habsburger auf Kärnten und Krain verzichten. Margaretes Herrschaft blieb auf Tirol beschränkt.
Die Verbindung mit dem Haus Luxemburg wurde durch das gespannte Zusammenleben der Eheleute belastet, denn Heinrich von Böhmen galt als gewalttätig und geistig minderbemittelt. Auch die mächtigen lokalen Eliten lehnten den Luxemburger ab, und so wurde Margaretes Gatte schließlich 1341 von den Tiroler Ständen aus dem Land gedrängt. Die Annullierung der Ehe wurde zu einem Politikum, denn der Papst weigert sich, dies zu bestätigen, und sprach den Bann über Margarete und ihren neuen Gatten aus. Dennoch war Margarete 1342 bereits eine zweite Ehe mit Markgraf Ludwig von Brandenburg, dem Sohn Kaiser Ludwigs aus dem Haus Wittelsbach, eingegangen. Erst 1350 wurde der Bann nach langem diplomatischem Tauziehen aufgehoben.
Aus dieser Ehe wurde ein Sohn geboren, Meinhard III., der 1359 mit einer Schwester Herzog Rudolfs IV., Margarete (1346–1366), verheiratet wurde, mit dem Zweck, den Einfluss der Habsburger auf Tirol zu stärken. Nachdem 1361 der Gatte Margaretes und 1363 auch ihr Sohn gestorben waren, trat die Gräfin 1365 ihre Herrschaft an Herzog Rudolf IV. ab und zog sich zurück. Sie starb 1369 auf ihrem Alterssitz in der Nähe Wiens und wurde in der Wiener Minoritenkirche begraben.