Wider die Konspiration: Die "Verschwörung" der Jakobiner
Franz II./I. reagierte mit Polizei und Spitzelwesen auf oppositionelle Umtriebe. Einige mutmaßliche Verschwörer bezahlten dies mit ihrem Leben.
Zwei Strophen aus Franz Hebenstreits "Eipeldauerlied" von 1793, die auf eine Hinrichtung des Kaisers Franz II./I. anspielenS'ist ja das Volk kein Arschpapier
Und darf auf sich wohl denken,
Wer halt nicht lernen will Manier,
Den Lümmel muss man henken.Drum fort mit ihm zur Guillotin
Denn Blut für Blut muss fließen
Hätt man nur a hier so an maschin,
Müsst's mancher Großkopf büßen.
Der junge Kaiser Franz II./I. verdrängte die reformorientierten Kreise seiner Vorgänger, jegliche Publikationen mit revolutionärem Gedankengut wurden verboten. Dennoch entstanden kleine oppositionelle Gruppen, die sich vor allem aus ehemaligen Mitarbeitern Leopolds II., Freimaurern, Beamten, bürgerlichen Intellektuellen und Studenten zusammensetzten. Franz lehnte den Vorschlag Josephs von Sonnenfels nach einer Verankerung der Grundrechte ab. Stattdessen ließ er unliebsame Personen festnehmen und einkerkern, systematisch wurden Spitzel in der Bevölkerung als Informanten herangezogen.
Franz beschuldigte "Josephiner", also Anhänger der Ideen Josephs II., und "Demokraten" gleichermaßen des "Jakobinismus". Dieser undurchsichtige Begriff – die Jakobiner waren die radikalste Partei der Französischen Revolution – diente als Sammelbegriff für alle Anhänger oppositioneller Denkweisen. Die prominentesten Akteure dieser Szene waren Baron Andreas Riedel, der ehemalige Erzieher der Söhne Leopolds II., der Platzoberleutnant Franz Hebenstreit von Streitenfeld aus Prag – er verbreitete sein revolutionäres "Eipeldauerlied" – und der Dichter Aloys Blumauer, Mitglied der Freimaurer. Daneben waren noch andere Personen aus dem Bürgertum vertreten, etwa Ärzte, der Lotteriebesitzer Johann Hackel und in Ungarn Ignaz von Martinovics.
Im Sommer 1794 machte sich in der Bevölkerung wachsende Unzufriedenheit mit den Herrschenden bemerkbar, ausgelöst durch Teuerungswellen und Kriegsmüdigkeit. Andreas Riedel drängte nun zum Handeln: Franz Hebenstreit hatte ein etwas absurd anmutendes Kriegsgerät entwickelt, eine Art Streitwagen mit sichelförmiger Bestückung zum Einsatz gegen die Kavallerie. Dieses Gerät wollten die Entwickler offenbar in Frankreich zur Anwendung bringen. Ein Spitzel, der Buchhändler Joseph Vinzenz Degen, verriet diese Pläne bei Polizei. Im Juli 1794 wurde die ganze Gruppe um Riedel verhaftet. Die Anklagen lauteten auf Vorbereitung eines Aufstandes, Waffenhilfe für Frankreich, Verbreitung aufrührerischer Bücher, Flugschriften, Schmähschriften und Lieder und viele andere Delikte dieser Art. Konkrete Anzeichen für eine Revolution gab es nicht, dennoch führte der Einsatz der Staatsmacht mit Unterstützung durch ihre Spitzel zu einer Reihe von Verhaftungen. Die Urteile wurden 1795 vollstreckt: neun Exekutionen sowie zahlreiche langjährige Kerkerstrafen. Die Hinrichtung Hebenstreits am 8. Jänner 1795 vor dem Wiener Schottentor sollen 90.000 Menschen miterlebt haben.