Der Sieger von Aspern
Erzherzog Karl schaffte es als Erster, Napoleon auf dem Schlachtfeld zu besiegen. Er wurde deshalb zum großen Feldherrn hochstilisiert, der angeblich Napoleons Niederlage eingeleitet hat.
Der Dichter Nikolaus Lenau anlässlich eines Jubelfestes am 17. April 1843 über Erzherzog KarlWas Karl empfand auf jenem Ehrenfeld,
Weiß nur des Schicksals Liebling, nur ein Held,
Der auch wie er, den Degen in der Hand,
Und Gottes Geist im Haupt, fürs Vaterland
Mit solchem Helden rang, und es gerettet
Aus Schmerz und Schmach, worin es lag gekettet.
Mag immerhin nach Asperns blutger Schlacht
Der stolze Feind erheben seine Macht,
Aufwerfen siegreich seine Heldenfahne,
Sie blieb doch krank vom schüttelnden Orkane.
Die Donner Asperns habens ausgesprochen:
"Er ist besiegbar!" unvergeßlich allen,
Und Leipzig wird die Donner widerhallen;
Napoleons Waffenzauber war gebrochen.
O Karl! es war dein schönster Heldentag!
O Österreich! dein höchster Herzensschlag!
1796 erhielt Erzherzog Karl als Reichsgeneralfeldmarschall in den Kriegen gegen Frankreich den Oberbefehl über die österreichischen Truppen in Süddeutschland und konnte gleich einen Erfolg in der Schlacht von Würzburg feiern. Es folgten aber Rückschläge, aufgrund derer er vorübergehend sein Kommando zurücklegte. Dennoch wurde er 1799 mit der Reform des Militärwesens betraut und 1805 zum Generalissimus befördert.
Als Österreich 1809 Napoleon neuerlich den Krieg erklärte, wurde die größte Armee ins Feld geschickt, die die Habsburger bis dahin jemals aufgeboten hatten – insgesamt 725.000 Mann. Allerdings wurde Wien nur wenige Wochen nach Kriegsbeginn von den Franzosen beschossen, die Stadt kapitulierte am 13. Mai. Am 21. und 22. Mai schlug Karls große Stunde: Unter seinem Befehl gelang den Österreichern in der Schlacht bei Aspern und Eßling der erste Sieg gegen Napoleon überhaupt. Die Verluste in dieser Schlacht betrugen jeweils 20.000 Mann auf beiden Seiten. Der Sieg war zwar militärisch nutzlos, denn die Franzosen konnten damit nicht aus Wien verdrängt werden. Er war aber psychologisch wichtig: Der bis zu diesem Zeitpunkt ungeschlagene Napoleon hatte nun den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren.
Nur einige Wochen später folgte aber Karls Niederlage: Am 5. und 6. Juli standen in der Schlacht von Deutsch-Wagram 120.000 Österreicher einer Übermacht von 180.000 französischen Soldaten gegenüber. Die österreichische Niederlage wurde mit 5.000 Toten, 17.000 Verwundeten und 18.000 Gefangenen bezahlt. Kaiser Franz II./I., Karls Bruder, beobachtete diese Schlacht vom nahen Bisamberg aus. Nach der Niederlage soll er gesagt haben: "Jetzt können wir halt nach Hause gehen."
Sowohl der Sieg als auch die Niederlage fielen also in Karls Verantwortungsbereich. Nach dem Krieg von 1809 bekam er kein militärisches Kommando mehr. Stattdessen konnte er sich nun eines reichen Erbes seiner Adoptiveltern erfreuen und konzentrierte sich auf seine Tätigkeit als Militärschriftsteller.
Große militärische Erfolge unter der persönlichen Führung von Habsburgern waren eine Seltenheit. Karl bot sich daher hervorragend an, zu einem großen Feldherrn der Dynastie hochgejubelt zu werden: Sein Sieg von Aspern wurde sogar als Ausgangspunkt für Napoleons schlussendliche Niederlage dargestellt – obwohl zum Zeitpunkt der Schlacht davon noch keine Rede sein konnte. 1857 wurde Karl, zum "Überwinder des Unüberwindlichen" (Heinrich von Kleist) stilisiert, mit einem Denkmal am Wiener Heldenplatz geehrt.