Judenverfolgungen im Mittelalter – Sozioökonomisch motiviert, religiös und ideologisch legitimiert
Immer wieder kam es zu Vertreibungen und Ermordungen der jüdischen Bevölkerung. Finanzielle Interessen gingen dabei Hand in Hand mit religiösen und ideologischen Motiven.
Seit dem frühen 14. Jahrhundert kam es immer wieder zu lokalen Judenverfolgungen. Besonders schwerwiegend waren jene von 1349, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Pest standen. Unter dem Vorwand, dass die jüdischen BewohnerInnen Brunnen und Quellen vergiftet und damit die Pest verursacht hätten, um die Christenheit auszulöschen, wurden Juden und Jüdinnen in ganz Österreich verfolgt. In Feldkirch, Krems, Salzburg, Hallein, Zwettl und Braunau lassen sich Morde und Plünderungen nachweisen. Derartige Pogrome wurden in vielen Gemeinden vor dem Auftreten der Pest quasi 'vorbeugend' durchgeführt.
Die Verfolgungen hatten auch religiös-ideologische Hintergründe. Juden wurden von Seiten der Kirche als Gottesmörder dargestellt und systematisch ausgegrenzt. Zudem wurden Gerüchte von Ritualmorden und Hostienschändungen in die Welt gesetzt. In Hallein und in Salzburg wurde unter dem Vorwurf des Hostienfrevels und Ritualmordes an einem christlichen Knaben zu Beginn des 15. Jahrhunderts die gesamte jüdische Gemeinde ausgelöscht.
Die Herrscher waren freilich nicht machtlos gegenüber solchen Ausschreitungen, sondern versuchten manchmal auch, Kapital daraus zu schlagen. 1338 etwa stellten sie sich nur deswegen schützend vor die jüdische Bevölkerung von Wien, Wiener Neustadt und Krems, um im Gegenzug eine Zinssenkung auf Darlehen von Juden zu erwirken. 1370/71 und 1377 veranlassten Albrecht III. und Leopold III. die Gefangensetzung von Juden und Jüdinnen, um eine höhere Steuerleistung zu erpressen. Einen Höhepunkt erreichte die Judenverfolgung dennoch mit dem von Albrecht V. legitimierten Pogrom 1420/21, dem die gesamte jüdische Gemeinde von Wien zum Opfer fiel.