Erzherzogin Maria Elisabeth– Die Statthalterin des Kaisers
Als Tochter eines Kaisers war Erzherzogin Maria Elisabeth eigentlich als dynastisches Kapital für eine politisch profitable Eheschließung vorgesehen, doch als unverheiratete Schwester eines Kaisers stand ihr noch eine ganz andere Möglichkeit offen: Ein politisch einflussreiches Amt.
Maria Elisabeth (1680 – 1741) war die ältere Schwester von Kaiser Karl VI., also eine Tochter von Kaiser Leopold I. und seiner dritten Gemahlin Eleonore Magdalena von der Pfalz. Die Frömmigkeit der Mutter war auch für Maria Elisabeths Leben prägend.
Vielfach wurde vermutet, dass Maria Elisabeth aufgrund der entstellenden Narben einer frühen Pockenerkrankung unverheiratet blieb; den Eltern standen aber wohl auch keine adäquaten Heiratskandidaten zur Verfügung. Die äußerst intelligente und strebsame junge Frau erhielt eine überdurchschnittliche Ausbildung, lernte fünf Sprachen und pflegte rhetorische Wettstreite mit Professoren der Wiener Universität. Daher war sie schon früh weniger für die Ehe als vielmehr für politische Ämter in der weit verzweigten Habsburgermonarchie vorgesehen. Nachdem die Verleihung der Statthalterposten in Barcelona und Innsbruck aus unterschiedlichen Gründen scheiterten, wurde sie 1725 mit bereits 45 Jahren zur Statthalterin der Österreichischen Niederlande mit Sitz in Brüssel ernannt. Dort reihte sie sich in eine lange Tradition weiblicher Regentinnen von königlichem Geblüt ein, die das Gebiet des heutigen Belgien und Luxemburg in Vertretung des entfernt lebenden Landesherrn regiert hatten.
Maria Elisabeths Einzug in Brüssel im Oktober 1725 war ein großes Fest für die ganze Stadt. Die Bevölkerung fühlte sich geehrt, dass Karl nicht wieder einen adeligen Minister, sondern seine Schwester als Regentin geschickt hatte, die zudem einen großen Hofstaat mitbrachte. Dass eine Frau die Provinzen regierte, störte niemanden, denn Maria Elisabeth qualifizierte sich im Verständnis der Zeit allein schon durch ihre hohe Geburt für dieses Amt. Auch ihr zeitgenössischer Biograf Franz Wagner argumentierte, Maria Elisabeth habe alle Tugenden, die man zum Regieren benötige, von ihrem Vater geerbt und sei daher für die Herrschaft bestimmt. Dennoch versuchte auch Wagner sie als untypische Frau zu porträtieren, indem er auf ihr mangelndes Talent bei der für Frauen so typischen Handarbeit hinwies. Denn grundsätzlich war die Herrschaft von Frauen verpönt, daher musste Maria Elisabeth als ungewöhnliche Ausnahme inszeniert werden.
Maria Elisabeth regierte in Brüssel 16 Jahre gewissenhaft und diszipliniert, ihr Arbeitspensum und ihre scharfe Auffassungsgabe wurden sogar von ihren Kritikern gelobt und bewundert. Allerdings nahm in späteren Jahren ihre starke Religiosität bei der Entscheidungsfindung eine immer größere Rolle rein. Trotz politischer Differenzen pflegten Karl und seine Schwester stets ein inniges und herzliches Verhältnis. Maria Elisabeth starb 1741 in Brüssel, ohne ihre Familie in Wien noch einmal wieder gesehen zu haben. Erst nach dem Österreichischen Erbfolgekrieg wurde ihr Sarg in die Kapuzinergruft in Wien überführt.