Drogenhändler und Würzler. Lukrative Geschäfte mit Arzneien
Entdeckungsfahrten und überseeischer Handel machten fremdländische Arzneien zum lukrativen Geschäft.
Bereits 1432 gehörten zum Repertoire einer Wiener Apotheke auch exotische Waren: Pfeffer, Safran, Ingwer, Gewürznelken, Zimt, Muskat, Weihrauch, Kümmel, Zucker, Reis, Olivenöl, Feigen, Weinbeeren, Mandeln, Seife, Wachs, Gips und Konfekt, weiters Schwefel, Alaun, Kampfer, Kupfervitriol, Theriak, Mastix und Himmeltau. Viele dieser Produkte wurden aus dem Orient importiert und mussten daher über Venedig bezogen werden. Ursprünglich erwarben Würzler und Apotheker diese Spezereien und verarbeiteten sie zu Arzneimitteln. Mit den europäischen Entdeckungsreisen wurde die Produktpalette immer umfangreicher und kostspieliger.
Die Entdeckung der Neuen Welt brachte unter anderem Schokolade, Tabak und Guajakholz nach Europa. Vor allem gelehrte Mediziner waren eifrig bemüht, die neuen Produkte auf ihre heilende Wirkung zu prüfen. Sie verfassten ihre Traktate nicht mehr in Latein, sondern in den jeweiligen Volkssprachen; auf diese Weise konnten sich auch Laien mit den Arzneiinnovationen vertraut machen. Damit wollten die akademisch gebildeten Mediziner ihre berufliche Position gegenüber dem Apothekerhandwerk absichern. Letzteres unterstand noch nicht der Kontrolle der medizinischen Fakultät und konnte ohne ärztliche Aufsicht Rezepturen anfertigten. Die Apotheker hatten mit populärwissenschaftlichen Drucken und Schriften Erfolg, das zeigt sich an den von PatientInnen verfassten privaten Einträgen in Kräuter- und Arzneibüchern.
Die neuen Arzneien ließen sich in das vorherrschende Modell der Vier-Säfte-Lehre integrieren: Diese besagte, dass der menschliche Körper aus vier Kardinalsäften bestand: Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Diese wurden wiederum den Organen Herz, Hirn, Leber, Milz und den Qualitäten Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit zugeteilt. Ein ausgewogenes Verhältnis der vier Säfte versprach Gesundheit. Tabak und Guajakholz wurden wegen ihrer angeblich reinigenden und schweißtreibenden Wirkung als Mittel zur Entschlackung und Regulierung des Säftehaushaltes in den schulmedizinischen Kanon aufgenommen.
Wissenschaftliche Argumentation und populäre Verbreitung von medizinischen Anleitungsbüchern setzte die Apothekerschaft erheblich unter Druck. Bereits 1564 erließ Ferdinand I. eine erste umfassende Apothekerordnung, nach der diese der medizinischen Fakultät unterstellt wurden und erst nach einem Medizinstudium tätig werden durften.