Die Bewahrung des Alten aus Furcht vor dem Neuen
Ein ursprünglich Napoleon gewidmetes Standbild wird zum konservativen Mahnmahl der Monarchie uminterpretiert und in einem Tempel nach griechischem Vorbild aufbewahrt.
Das monumentale Standbild "Theseus im Kampf mit dem Kentaurenkönig Eurythíon" wurde 1804 vom Königreich Italien bei Antonio Canova in Auftrag gegeben. Es sollte in Mailand stehen und Napoleon, insbesondere seinen Sieg über Österreich bei Marengo im Jahr 1800, feiern. Als sich die Skulptur 1814 der Fertigstellung näherte, war Napoleons Macht bereits geschwunden – der Wiener Kongress beschloss die Neuordnung Europas nach seinem Abgang. Canova suchte daher einen neuen Käufer. Er fand ihn in Napoleons Gegner Kaiser Franz II./I., der den Bildhauer sogar persönlich in seinem Atelier in Rom besuchte. Die Symbolik der Gruppe wurde kurzerhand uminterpretiert und zu einer Verherrlichung des Sieges der legitimen Ordnung (sprich der Heiligen Allianz) über die Revolution (als deren Ausgeburt Napoleon galt).
Für die Skulptur ließ Kaiser Franz II./I. in den Gärten der Hofburg (dem heutigen Volksgarten) den Theseustempel (1820–1823) in Nachahmung des Theseions in Athen errichten. Die Entwürfe für den dorischen Tempel lieferte Peter Nobile. Die Theseus-Gruppe kam 1822 nach Wien, im nach ihr benannten Tempel blieb sie allerdings nur bis 1890 – dann wurde sie im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums aufgestellt.
Peter Nobile, der seit 1818 die Architekturschule der Akademie der bildenden Künste leitete, baute ein weiteres repräsentatives Bauwerk für den kaiserlichen Hof. 1815, unmittelbar nach dem Ende der Bedrohung durch das napoleonische Frankreich, wurde mit der Errichtung des Äußeren Burgtores begonnen – als Siegesmonument über Napoleon und zur Ehrung der Soldaten. Wie der Theseustempel folgte es strengen klassizistischen Formen und hatte Denkmalcharakter: Beide Bauten symbolisierten in ihrem Rückgriff auf antike Stilelemente das Streben nach der Bewahrung konservativer politischer Ideale und sollten darüber hinaus die Wiederherstellung der in den napoleonischen Kriegen verletzten österreichischen – und kaiserlichen – Ehre versinnbildlichen.
Schlichte Formen und funktionelle Zurückhaltung wurden auch bei Zweckbauten wie dem Polytechnikum (heutige Technische Universität am Karlsplatz) und dem Hauptmünzamt umgesetzt. Unter anderem waren dafür die nach den Kriegen gegen Frankreich erschöpften Staatsfinanzen verantwortlich: Bei öffentlichen Bauaufträgen musste gespart werden. Darüber wachte der 1809 gegründete Hofbaurat.