Auf zu den 'heiligen Orten' – Wallfahrten und Pilgerreisen im Mittelalter
Pilgerreisende durften sich nicht nur religiöses Heil erwarten, sondern hatten auch mit einem beträchtlichen finanziellen Aufwand zu rechnen.
Seit dem 5. Jahrhundert unternahmen die Christen und Christinnen aus Frömmigkeit und Gelübden oder zwecks Buße vermehrt Wallfahrten, von denen sie sich auch die Heilung bzw. Linderung körperlicher Gebrechen versprachen. Im Mittelalter besuchten die PilgerInnen vor allem Orte mit berühmten Reliquien, später wurden hauptsächlich solche mit Heiligenerscheinungen angesteuert.
Wallfahrten hatten jedoch nicht nur eine religiöse, sondern auch eine finanzielle Komponente. Zunächst einmal mussten die Reisen finanziert werden. Die WallfahrerInnen hatten mit zahlreichen Kosten zu rechnen: Verköstigung und Unterkunft, Kleidung und Schuhe, Brücken- und Weggelder, Ausgaben für die Körperpflege und spezielle Pässe, Almosen für Bedürftige, Votivgaben und vieles mehr. Während die einen beinahe mittellos aufbrachen und sich unterwegs als Erntehelfer ihren Unterhalt verdienten, erhielten andere eine finanzielle Unterstützung von Verwandten, FreundInnen oder NachbarInnen. Viele der Pilgerreisenden nahmen auch Wertgegenstände oder Handelsware mit, die sie unterwegs verkauften, oder sie fungierten dabei als Briefboten. Die Grenze zwischen Handel und Wallfahrt war mitunter verschwommen.
Pilgerreisen brachten Geld in Umlauf und waren deshalb auch von wirtschaftlicher Bedeutung. Die Errichtung und Erhaltung von Heiligtümern und der dort beschäftige Klerus kosteten genauso Geld wie der Unterhalt von Straßen, Brücken und Herbergen. Der Handel mit Reliquien oder Devotionalien und der Verkauf von Pilgerführern war ein weiterer 'Wirtschaftszweig'. Zudem entwickelte sich im Umfeld ein 'Dienstleistungssektor': Reiche PilgerInnen leisteten sich beispielsweise Begleitpersonen, die dolmetschten oder führten. Auch war es üblich, gegen Bezahlung oder sonstige Leistungen StellvertreterInnen pilgern zu lassen.