Alles, was das Herz begehrt – Handelswege durch Europa
WanderhändlerInnen und HausiererInnen, die in der Frühen Neuzeit durch Europa zogen, versorgten die Menschen mit Waren aller Art. Sie trugen damit zur Verbreitung von Konsumgütern bei.
Die WanderhändlerInnen kamen zumeist aus Regionen, in denen es geringe Verdienstmöglichkeiten in Landwirtschaft oder Gewerbe gab. Eine solche Region war auch der Alpenraum, der seit dem Mittelalter an die großen transeuropäischen Handelsrouten angebunden war. Die WanderhändlerInnen verkauften oft Waren, die in den Heimatregionen hergestellt wurden – zum Beispiel Strohhüte aus den Südtiroler Berggebieten oder Holzwaren aus der Gotschee im heutigen Slowenien. Ausgehend von den Heimatregionen wurden so Handelsbeziehungen und Netzwerke in ganz Europa gebildet.
Zum Sortiment der WanderhändlerInnen gehörten unter anderem Gewürze und Süßigkeiten, Uhren und Schmuck, Tabak, Heil- und Wundermittel, Bänder, Spitzen und Knöpfe, Besteck und Geschirr, Flugblätter, Bücher und Drucke. Die Waren mussten haltbar und gut transportierbar sein, weil die HändlerInnen sie auf dem Rücken trugen oder in kleinen Karren beförderten. Sie verkauften zumeist Produkte, die zwar wichtig, aber nicht unentbehrlich waren und oftmals in Manufakturen oder im Verlag hergestellt wurden. Damit trugen sie zur europaweiten Verbreitung von Konsumgütern bei. Das bedeutet aber noch nicht, dass sich damit der Geschmack der EuropäerInnen oder der Gebrauch der Waren vereinheitlicht hätten.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts verloren die transeuropäischen Handelsrouten kontinuierlich an Bedeutung. Gründe dafür waren die Verlagerung des Handels in den atlantischen Nordwesten Europas genauso wie kriegerische Auseinandersetzungen. Im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges (1701–1714) wurden beispielsweise Alpenpässe blockiert und neue Zölle eingehoben, die den Wanderhandel erheblich behinderten. Aber auch die zunehmende Ablehnung der Städte und Gemeinden gegenüber den WanderhändlerInnen trug zu deren Bedeutungsverlust bei. Die Bevölkerung protestierte nicht selten gegen solche Vorschriften, weil sie auf die billigen Produkte angewiesen war.