Zwei Reichshälften: Der Ausgleich mit Ungarn
Nach der Gründung des Kaisertums Österreichs kam es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neuerlich zu einer bedeutenden Veränderung des Habsburgerreiches: Der Ausgleich mit Ungarn schuf die "österreichisch-ungarische Monarchie".
Das noch 1915 – also schon während des Ersten Weltkriegs – entworfene Mittlere gemeinsame Wappen symbolisiert die Ebenbürtigkeit der beiden Reichshälften der Donaumonarchie: Es repräsentiert die gesamten von den Habsburgern beherrschten Länder, die beiden Schilde sind mit der Rudolfskrone und der Stephanskrone besetzt.
Mit dem Ausgleich kam es 1867 zu bedeutenden Veränderungen der Donaumonarchie: Der Ausgleich teilte die Monarchie in zwei Teile, von denen einer das Königreich Ungarn war, in dem die Magyaren nur ca. ein Drittel der Bevölkerung ausmachten. Den zweiten Teil stellten "die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder", oder weniger formell nach dem Grenzfluss Leitha "Cisleithanien" oder auch "Österreich" genannt. Die in dieser Reichshälfte dominierenden Deutschen machten nicht mehr als ein Drittel der Bevölkerung aus. Dieser Reichsteil war mit dem Königreich Ungarn durch Personalunion (Franz Joseph war gleichzeitig Kaiser von Österreich und König von Ungarn) und Realunion (gemeinsame Außen-, Heeres- und Finanzpolitik in den gemeinsamen Angelegenheiten) verbunden.
Die Finanzierung der gemeinsamen Politik wurde durch eine Quote geregelt, diese war mit 70 Prozent zu 30 Prozent zugunsten Ungarns festgelegt worden. In den inneren Angelegenheiten – damit auch in der inneren Nationalitätenpolitik – war Ungarn selbstständig. Ungarn hatte nun auch sein eigenes Parlament und seine eigene Regierung. Franz Joseph und Elisabeth wurden am 8. Juni 1867 in Budapest zum König und zur Königin von Ungarn gekrönt.
Wie die Deutsch-Österreicher in der einen, so waren nun die Ungarn in der anderen Reichshälfte dazu privilegiert, den Ausbau eigener Vorrechte voranzutreiben. Aber nicht alle ethnischen Gruppen der Monarchie durften ihren nationalen Wünschen folgen, im Gegenteil: Es gab starke Bestrebungen des Staates von oben, aber auch von dominanten Gesellschaftsschichten von unten, diese nationalen Wünsche zu unterdrücken. Die so genannte Magyarisierungspolitik in Ungarn, das heißt die auch gewaltsame Anpassung an "das Ungarische", ist dafür ein wichtiges Beispiel.