Zeichen der Präsenz: Wiener Kirchenstiftungen der Habsburger
Die Habsburger setzten als neue österreichische Landesfürsten in Wien deutliche Zeichen der Präsenz. Weniger weltliche Residenzbauten – die mittelalterliche Hofburg war vor allem Wehrbau und von bescheidenen Dimensionen – dienten als Projektionsfläche zur Darstellung landesfürstlicher Macht, sondern großzügige Stiftungen von Kirchenbauten.
Neben dem gotischen Ausbau der Stephanskirche, der den Höhepunkt der dynastischen Repräsentation der Habsburger im Mittelalter darstellt, gibt es in Wien eine Reihe weiterer Kirchen, die auf habsburgische Initiativen zurückgehen und die das Stadtbild bis heute prägen.
Die Habsburger förderten zu diesem Zwecke die Niederlassungen der Bettelorden in der Stadt. Die Bettelorden erfüllten das Ideal der besitzlosen Kirche und waren auf Almosen und Spenden angewiesen. Ihr Wirkungsschwerpunkt lag in der blühenden Städtewelt des Spätmittelalters und sie befriedigten die seelsorgerischen Ansprüche der Zeit besser als die alten Mönchsorden. Die wichtigsten Zweige der Bettelorden wie die Minoriten oder Karmeliter wurden bereits unter den Babenbergern in Wien angesiedelt. Die Habsburger stifteten nun den Bau monumentaler Kirchen, deren aufwändige Gestaltung ein Mittel der dynastischen Repräsentation war.
Die auf den hl. Franz von Assisi zurückgehenden Minoriten wurden bereits unter dem Babenberger Leopold IV. um 1230 in Wien angesiedelt. Die Förderung des Wiener Konvents wurde von den frühen Habsburgern in bewusster Anknüpfung an das babenbergische Erbe fortgeführt. In der Minoritenkirche ließ Rudolf I. nach der Schlacht am Marchfeld den Leichnam seines Gegners Ottokar II. Přemysl von Böhmen öffentlich aufbahren, um der Wiener Bürgerschaft, die als Parteigängerin des böhmischen Königs galt, augenscheinlich zu demonstrieren, wer nun das Sagen hatte. Herzog Albrecht II. begann den Neubau der Kirche in monumentalen Dimensionen. Der repräsentative Zweck ist an der Gestaltung der für eine Bettelordenskirche ungewöhnlich aufwändigen dreiteiligen Portalanlage ersichtlich, die dem französischen Kathedraltypus entlehnt ist. Die Kirche wurde zur Begräbnisstätte bedeutender Persönlichkeiten: Unter anderem ist hier Margarete Maultasch bestattet, die den Habsburgern Tirol vermachte.
Im Mittelalter umfasste das Kloster ein enormes Areal, damals lebten in Wiener Konvent bis zu 150 Brüder. Im 16. Jahrhundert erlebte das Kloster einen raschen Niedergang: Teile der Anlage wurden von Gebäuden des Hofes verdrängt, die Kirche wurde bis 1620 von den protestantischen Ständen aus dem nahe gelegenen Landhaus verwaltet. Unter Joseph II. wurde der Konvent schließlich abgesiedelt und das Kloster abgebrochen. Die Kirche blieb als bedeutendes Denkmal aus der Frühzeit der Dynastie erhalten und wurde ab 1785 einer Renovierung in historisierenden Formen unterzogen – übrigens eines der frühesten Beispiele der Neogotik im Bereich der Habsburgermonarchie.
Eine weitere bedeutende Niederlassung der Bettelorden im Wien des Mittelalters war das Karmeliterkloster auf dem Platz Am Hof. Die Ursprünge der Karmeliter, die ihren Namen von den Einsiedlern des Karmelgebirges im Heiligen Land haben, gehen auf die Zeit der Kreuzzüge zurück. Albrecht III. überließ dem Orden die Reste der alten Babenberger-Residenz, wo von 1386 bis ca. 1420 die gotische Klosterkirche entstand. 1439 wurde der Albrechtsaltar, einer der größten und bedeutendsten gotischen Flügelaltäre des Landes, als Hochaltar der Kirche gestiftet.
Während der Reformtion verfielen Kloster und Kirche. Kaiser Ferdinand I. übergab die Klosteranlage im Jahre 1554 den Jesuiten. Diese erste Niederlassung der Jesuiten in Wien wurde zum Zentrum der Gegenreformation in den habsburgischen Landen. Auf die Jesuiten geht der umfangreiche Ausbau von Kirche und Kloster im Barockstil zurück. Die ursprüngliche gotische Kirche hat sich hinter der Barockfassade erhalten, die von einem breiten Vorbau bestimmt ist. Von diesem Altan erteilte Papst Pius VI. anlässlich seines Wienbesuchs 1782 einer großen Menschenmenge den Segen. Ebenfalls von hier aus wurde 1806 das Ende des Heiligen Römischen Reiches öffentlich verkündet.
Nach der Auflösung des Ordens 1773 zog das Kriegsministerium in die weitläufige Klosteranlage ein, wo es bis zur Errichtung des neuen Amtsgebäudes an der Ringstraße verblieb. Danach wurde das Kloster abgerissen, um einem Bankgebäude Platz zu machen. Die Kirche ist bis heute die architektonische Dominante des Platzes Am Hof.