Tanzwut im Biedermeier
Ein regelrechtes Tanzfieber erfasste die Wiener Bevölkerung im Biedermeier: Tanzsäle für mehrere Tausend BesucherInnen wurden eröffnet und regelmäßige Tanzveranstaltungen abgehalten.
Lange Zeit wurden religiöse Feste, wie etwa das Weihnachtsfest, in größeren Verbänden (Kirche, Zunft, Gewerbebetrieb) gefeiert. Maria Theresia verminderte die Zahl kirchlicher Feiertage. Das zünftische Gewerbe wurde zunehmend von Manufakturen abgelöst, Arbeitsplatz und Wohnraum wurden immer mehr getrennt, traditionelle Gemeinschaftsbeziehungen lockerten sich. Dadurch verlagerten sich diese Feste in den engeren Familienkreis. Viele unterprivilegierte Menschen, wie Gesellen und Dienstmägde, denen eine Familiengründung (aus ökonomischen wie rechtlichen Gründen) nicht möglich war, verfügten über eine neue „Freizeit“: Diese konnten sie individuell gestalten. Sie wurden zu den KonsumentInnen in den neu entstehenden Vergnügungsstätten.
In den Vorstädten gründeten findige LokalbesitzerInnen in den 1830er-Jahren große Vergnügungsetablissements, welche die zunehmend ,unterhaltungssüchtige‘ Bevölkerung divertierten: Tivoli in Meidling, Dommayer’s Casino in Hietzing sowie die Sophiensäle, ursprünglich ein Schwimmbad. Wahre Wunderwelten wurden gebaut: Der Apollosaal in Schottenfeld verfügte über künstliche Teiche mit Schwänen und Wasserfällen, im Neuen Elysium in der Johannesgasse konnte man mittels Pferdeeisenbahn eine ,Weltreise‘ durch entsprechend den fünf Kontinenten dekorierte Räume unternehmen. Die immer größeren und spektakuläreren Etablissements wurden allerdings nicht mehr von allen Ständen besucht, ein Großteil der Wiener Bevölkerung konnte sich solche Vergnügungen nicht leisten. In der Ringstraßenzeit bildeten die Ballsäle einen Anziehungspunkt für bürgerliche Vergnügungen.