Franz Karl: Der Erzherzog im Hintergrund
Der unscheinbare und geistig etwas schlichte Erzherzog Franz Karl stand stets im Schatten seiner Gemahlin Sophie. Allein der Tatsache, dass er der Vater Kaiser Franz Josephs ist, verdankt er, dass er nicht völlig im Dunkel der Geschichte verschwunden ist.
Sophie nach dem ersten Zusammentreffen mit ihrem späteren Gemahl Franz Karl.Er ist ein bon garçon, er fragt jedermann um Rath, mais il est terrible ... Mich würde er zu Tode langweilen … Ab und zu möchte ich ihn schlagen!
Franz Karl wurde als dritter Sohn Kaiser Franz’ II./I. aus dessen zweiter Ehe mit Maria Theresia von Neapel-Sizilien am 7. Dezember 1802 in Wien geboren. Die Eltern waren engstens mit einander verwandt: Die Mutter des Knaben war als Tochter von Franz’ Tante Erzherzogin Maria Karoline zugleich eine direkte Cousine des Vaters. Beide Elternteile waren sowohl mütterlicher- als auch väterlicherseits Cousin und Cousine ersten Grades, was selbst nach Maßstäben des Hauses Habsburg einen Fall von extremer Inzucht darstellte.
Die Ehe zwischen zwei derart nahe verwandten Personen hatte offensichtlich negative Auswirkungen auf die geistige und körperliche Gesundheit ihrer Nachkommen. Bekannt ist der Besorgnis erregende Zustand des Erstgeborenen Ferdinand, der seinem Vater auf den Thron nachfolgen sollte. Da aus Ferdinands Ehe keine Kinder zu erwarten waren, lag die Fortführung der Dynastie bei Franz Karl, dem nächstältesten Sohn.
Doch auch Franz Karl war nicht viel besser dran: als hervorragendste Eigenschaft wird ihm von seinen Biografen eine tiefe Frömmigkeit attestiert. Ansonsten galt der Erzherzog als minder begabt, schrullig und farblos: als „schwach an Körper und Geist“ und „gutmütig, dass es fast an Schwachsinnigkeit grenzt“, wird der junge Erzherzog beschrieben.
Daher war es umso wichtiger, ihm eine tatkräftige Gemahlin zur Seite zu stellen, die man schließlich in der bayrischen Prinzessin Sophie fand. Die äußerst ehrgeizige Sophie war anfänglich wenig glücklich mit ihrem geistig wenig anspruchsvollen Gatten. Zunächst schien es, dass auch diese Ehe kinderlos bleiben sollte, da eine Reihe von Schwangerschaften mit Fehlgeburten endete. Nach sechs Jahren Ehe – angeblich dank der heilvollen Wirkung der Kurwässer von Bad Ischl – kam 1830 mit Franz Joseph erstmals ein gesundes Kind zur Welt. Weitere fünf Kinder sollten folgen:
Neben den beiden populären Gestalten, Kaiser Franz Joseph (1830–1916) und Ferdinand Maximilian (1832–1867), der als tragischer Kaiser von Mexiko in die Geschichte einging, entstammten dieser Ehe noch Karl Ludwig (1833–1896), der Vater von Thronfolger Franz Ferdinand und Großvater des letzten Kaisers Karl I., sowie Erzherzog Ludwig Viktor (1842–1919), der unverheiratet blieb und vor allem durch seine homosexuelle Neigung und seinen exzentrischen Lebensstil von sich reden machte.
Weiters gebar Sophie noch eine Tochter namens Maria Anna (1835–1840), die jedoch durch epileptische Anfälle geschwächt bereits im Kindesalter verstarb, sowie einen totgeborenen Sohn (1840).
Franz Karl verschwand bald hinter seiner intelligenten und politisch ambitionierten Gattin. Sophie konzentrierte ihre Kräfte auf ihren erstgeborenen Sohn Franz Joseph.
Als Kaiser Ferdinand 1848 zur Abdankung bewogen wurde, wäre sein Bruder Franz Karl der Nächste in der Thronfolge geworden, was aber als wenig erstrebenswerte Alternative galt. Zur großen Überraschung der Entscheidungsträger in der Dynastie (allen voran Sophie) widersetzte sich Franz Karl anfänglich, den Thronverzicht zu unterschreiben, was als reiner Formalakt gesehen worden war. Erst nach energischem Zureden Sophies fügte sich der davor niemals durch irgendwelchen Ehrgeiz aufgefallene Erzherzog.
Erzherzog Franz Karl nahm keinerlei öffentliche Funktionen war, sondern machte nur hin und wieder durch seine Schrullen auf sich aufmerksam. Er starb 1878, sechs Jahre nach seiner Gattin. Er war der letzte Habsburger, an dem eine getrennte Bestattung des Körpers, der Eingeweide und des Herzens durchgeführt wurde.