Franz Joseph, der oberste Bürokrat
Ein junger Bursche wird Kaiser und will es lange bleiben: Franz Joseph wurde wegen seiner langen Regentschaft für die Nachwelt zum Inbegriff der Habsburgermonarchie. Eine ununterbrochene Idylle war diese Zeit freilich nicht.
Als Franz Joseph im Alter von erst 18 Jahren am 2. Dezember 1848 Kaiser von Österreich wurde, folgte er seinem Onkel Ferdinand I., nachdem sein Vater Franz Karl auf den Thron verzichtet hatte. Er stand unter bedeutendem Einfluss seiner starken Mutter Sophie. Franz Joseph war – wie andere Monarchen – in seiner strengen Erziehung bereits auf seine potenzielle zukünftige Rolle als Herrscher vorbereitet worden. Nicht nur bei ihm war diese Erziehung zum Monarchen erfolgreich, auch sein Bruder Ferdinand Maximilian wurde Kaiser – wenn auch unter gänzlich anderen Vorzeichen und auf einem anderen Kontinent, nämlich in Lateinamerika.
Franz Josephs politische Einstellungen sind schwierig zu beurteilen, es sind nur wenige schriftliche persönliche Äußerungen erhalten. Er war jedenfalls ein entschiedener Gegner des Konstitutionalismus, großen Widerstand äußerte er etwa 1867 gegen die so genannte Dezemberverfassung. Der absolutistisch-feudalen Staatsform fühlte er sich verbunden, wegen seiner pedantischen und beamtenhaften Hingabe zur offiziellen Papierarbeit wird er von manchen HistorikerInnen als "oberster Bürokrat" charakterisiert. "Viribus unitis" – "Mit vereinten Kräften" –, so lautete sein berühmter Wahlspruch als Kaiser. Dieser Sinnspruch verdeutlicht das noch heute populäre Bild Franz Josephs als einende Persönlichkeit der Monarchie in ihren letzten Jahrzehnten, gleichzeitig überdeckt er jedoch die zahlreichen Widersprüche und Probleme seiner Regierungszeit.
Franz Josephs Regentschaft war mit einer Dauer von 68 Jahren bis zu seinem Tod 1916 außergewöhnlich lang und von zahlreichen innen- und außenpolitischen Umbrüchen geprägt. Als neoabsolutistischem Herrscher dienten ihm zunächst Armee, Bürokratie und Kirche als Machtstützen. 1853 überlebte der Kaiser ein Attentat des ungarischen Schneidergesellen János Libényi bei einem Spaziergang in Wien; zum Gedenken an dieses Ereignis wurde die Wiener Votivkirche errichtet.