Der Kronprinz in Opposition zum Kaiser
Rudolf war vom bürgerlichen Leistungsdenken geprägt: Er entwickelte den Ehrgeiz, als Persönlichkeit, und nicht nur wegen seines Namens, von intellektuellen Kreisen anerkannt zu werden.
Franz Joseph über RudolfDer Rudolf plauscht schon wieder!
Rudolf über seine Position bei Hof.Der letzte Hofrat hat einen größeren Wirkungskreis als ich! Ich bin zum Nichtstun verdammt!
Sein besonderes Interesse galt den Naturwissenschaften: Er veröffentlichte u. a. wissenschaftliche Abhandlungen auf dem Gebiet der Vogelkunde, die in Fachkreisen durchaus gewürdigt wurden.
Außerdem war der Kronprinz auch publizistisch tätig: Rudolf war der Herausgeber der 24-bändigen Reihe „Österreich-Ungarn in Wort und Bild“, die auch im Andenken an den Hauptinitiator als „Kronprinzenwerk“ bekannt ist. Gemäß dem Leitsatz „Einheit in der Vielfalt“ sollte das ambitionierte Projekt den Staatspatriotismus der Bürger der vom Nationalismus bedrohten Monarchie stärken.
Rudolf entwickelte äußerst liberale politische Ansichten. Seine Ideen waren sehr idealistisch, seine visionären Gedanken boten jedoch oft keine Lösungen für konkrete Probleme. Der Kronprinz geriet dadurch zunehmend in Opposition zu seinem Vater, dem regierenden Kaiser. Rudolf war daher gezwungen, seine oppositionellen Ansichten unter Pseudonymen in Zeitungen zu veröffentlichen. Dadurch setzte er sich in Gegnerschaft zu den konservativen Kreisen des Wiener Hofes, wo er zunehmend zum Fremdkörper wurde. Rudolf war gezwungen, eine Art Doppelleben führen: nach außen musste er sein Einverständnis mit dem Vater und den führenden Gestaltern der Politik vortäuschen, wobei die Differenzen zwischen ihm und dem Hof zunehmend unüberbrückbar wurden.