Alte Bindungen: Schweizer Klöster als habsburgische Orte der Erinnerung
Muri und Königsfelden in der Schweiz sind zwei Klöster, die in besonderer Weise mit den Habsburgern verbunden waren: Muri steht für die Schweizer Wurzeln der Dynastie, Königsfelden für einen Mord in der Familie, der den ersten Versuch der Habsburger, sich dank des poltischen Geschicks Albrechts I. zu einer Führungsmacht im Heiligen Römischen Reich aufzuschwingen, jäh zunichte machte.
Muri im Aargau war eine habsburgische Stiftung, deren Entstehung im Dunkel der Frühzeit der Dynastie lag. Die Gründungsgeschichte ist nur in den aus späterer Zeit stammenden Acta Murensis legendenhaft überliefert. Demnach soll das Benediktinerkloster Muri im Jahre 1027 von zwei Brüdern, Bischof Werner von Straßburg sowie Graf Radbot (und dessen Gemahlin Ita von Lothringen) gegründet worden sein, die als direkte Vorfahren des sich erst später als Habsburger bezeichnenden Geschlechts gelten.
Nach einer Blütezeit im 13. Jahrhundert wurde Muri in den Kämpfen zwischen den Habsburgern und den Schweizer Eidgenossen stark in Mitleidenschaft gezogen. 1415 geriet das Kloster endgültig unter Schweizer Oberhoheit.
Die Verbindung mit dem Haus Habsburg ist jedoch nie ganz abgebrochen: 1705 verlieh der geschichtsbewusste Leopold I. der Gründung seiner Vorfahren den Rang einer Fürstabtei. Als das Kloster 1841 aufgelöst wurde, gewährten die Habsburger den verbliebenen Mönchen Zuflucht im Stift Gries bei Bozen in Südtirol. Noch deutlicher wird die Verbundenheit der Habsburger zu ihrer ersten dynastischen Stiftung in der Tatsache, dass 1971 in der Klosterkirche von Muri die nunmehrige Familiengruft gegründet wurde.
Die Umstände der Gründung von Königsfelden liegen in einem weit klareren Licht: Das Kloster entstand als Gedenkstätte an der Stelle, wo 1308 König Albrecht I. von seinem Neffen Johann Paricida ermordet wurde und die Habsburger einen ihrer tatkräftigsten Gründerväter verloren hatten. Königsfelden geht auf Albrechts Witwe Elisabeth und deren Tochter Agnes, ihrerseits Witwe nach König Andreas III. von Ungarn, zurück, die das Kloster 1310 stifteten, um für die Seele des ohne priesterlichen Beistand Verstorbenen zu beten. Das Kloster verfügte dank großzügiger Stiftungen über enormen Reichtum: Ein habsburgisches Hauskloster sollte hier entstehen. Königsfelden war ein Doppelkloster der Franziskaner und Klarissen, des männlichen und weiblichen Zweiges des Ordens der Minoriten, wobei die Klarissen hier die eigentlichen Trägerinnen der Stiftung waren, die Brüder aber nur als Seelsorger der Nonnen fungieren sollten.
Agnes lebte als weltliche Vorsteherin und große Förderin des Klosters mit den Nonnen. Diese Habsburgerin wird in der Geschichtsschreibung als sehr zwiespältiger Charakter geschildert: Einerseits wird sie als rachsüchtige Verfolgerin der Mörder ihres Vaters dargestellt, andererseits galt Agnes als tatkräftige und politisch sehr versierte Frau, die hohen Respekt genoss und als eine Art politisches Orakel stets um diplomatischen Rat gefragt wurde. Bald nach Agnes’ Tod begann Königsfelden stark an Bedeutung zu verlieren. Nach einer langen Phase der Stagnation wurde das Kloster schließlich 1523 aufgelöst.