Joseph Roth: "Radetzkymarsch":

Der Bezirkshauptmann [Trotta] aß am Tisch der Jägeroffiziere im Bahnhofsrestaurant. […] Er saß, außer dem Grafen Chojnicki der einzige Zivilist, am langen, hufeisenförmigen Tisch der bunten Offiziere, dunkel und hager, unter dem Wandbildnis Franz Josephs des Ersten, dem bekannten, allseits verbreiteten Porträt des Allerhöchsten Kriegsherrn im blütenweißen Feldmarschallsrock mit blutroter Schärpe. Just unter des Kaisers weißem Backenbart und fast parallel zu ihm ragten, einen halben Meter tiefer, die schwarzen, leicht angesilberten Flügel des Trottaschen Backenbartes. Die jüngsten Offiziere […] konnten die Ähnlichkeit zwischen Seiner Apostolischen Majestät und deren Diener sehn. Auch der Leutnant Trotta konnte von seinem Platz aus das Angesicht des Kaisers mit dem seines Vaters vergleichen. Und ein paar Sekunden lang schien es dem Leutnant, dass oben an der Wand das Porträt seines gealterten Vaters hänge und unten am Tisch lebendig und ein wenig verjüngt der Kaiser in Zivil sitze. Und fern und fremd wurden ihm sein Kaiser wie sein Vater.

Joseph Roth: Radetzkymarsch, Roman, Köln 1950, 197f.