Vergleiche anhand der beiden Quellen die Entwicklung der Bildungsvorstellungen damals (spätes 18. Jahrhundert, Beginn Erste Republik) und heute. Wo siehst Du Kontinuitäten, wo Unterschiede?
Eine Zeit, die sich für Maschinen und Automaten begeisterte, machte sie zu Metaphern für den Staat und die Gesellschaftsordnung. Das Schulwesen war eine Maschine des Staates, die disziplinierte und funktionstüchtige Untertanen hervorbringen sollte. Ein Grundmaß an Bildung sollte jedem Untertan zukommen. Mittlere und höhere Bildung hingegen erachtete Joseph II. für breite Bevölkerungsschichten nicht praktikabel. So wurde der Zugang zu mittleren und höheren Bildungsinstitutionen eingeschränkt, die Lehrpläne der Universitäten reformiert. Universitäten sollten vor allem eine entsprechende Zahl tüchtiger Staatsdiener hervorbringen. Durch die Einführung von Studiengeld für Gymnasien und Universitäten wurde 1784 der Zugang für ärmere Studenten erschwert. Laut Hofdekret sollten ohnehin „nur solche Kinder, welche zu den Studien besondere Fähigkeit, und deren Eltern das Vermögen haben, ihre Kinder aushalten zu können, zugelassen werden“. Obwohl die „bessern Talente der unvermögenden Klasse“ mit Stipendien unterstützt wurden, hatte die Einführung des Schulgeldes den gewünschten Effekt: Besuchten beispielsweise 1774 rund 100 Schüler das Gymnasium in Horn (Niederösterreich), waren es im Folgejahr nur noch dreizehn. Die höhere Bildung für Mädchen beschränkte sich auf Ordensschulen (z.B. das Gymnasium der Englischen Fräulein). Die Mädchenerziehung zielte darauf ab, sorgfältige Hausfrauen und liebevolle Mütter heranzubilden. Trotz der erheblichen Zugangsbeschränkungen kam es zur Ausdifferenzierung des Bildungsangebotes, etwa der Gründung einer Real-Handlungs-Academie, Real-Schulen mit mathematischem Schwerpunkt, der Zeichnungs-Schule und der Kupferstecher-Akademie. Nur etwa 0,17 Prozent der Bevölkerung besuchte ein Gymnasium. Juden und Protestanten waren nun ebenfalls an Universitäten zugelassen. (http://habsburger.net/kapitel/die-schulmaschine-josephs-ii)
„Die so folgenschwere Entscheidung über den endgültigen Bildungsgang des jungen Menschen muß so weit als möglich auf ein Alter verlegt werden, wo doch schon mit einer gewissen Sicherheit die besondere Tauglichkeit für eine bestimmte Berufsrichtung erkannt werden kann. Darüber herrscht volle Einmütigkeit, daß eine gewisse Summe von Wissen jedermann bedarf; bis zum 14. Lebensjahr wäre daher eine möglichst einheitliche Schultype erforderlich, worauf die erste Gabelung erfolgen könnte, und zwar in die Ausbildung für einen praktischen Beruf oder für wissenschaftliche Forschungen. Eine möglichst reichhaltige, den praktischen Bedürfnissen entgegenkommende Gabelung müßte durchgeführt werden, wobei sorgsam darauf Bedacht zu nehmen wäre, daß von einer Gruppe zur anderen immer wieder Brücken vorhanden sind. Bei möglichster Berücksichtigung der Erfordernisse des praktischen Lebens darf die allgemeine Bildung nicht vernachlässigt werden.“ (Otto Glöckel: Grundsätze für die Schulreform (1919), zit. nach Engelbrecht Helmut, Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Bd 5., Wien 1988, 757-758.)